Offene Proteste gegen Regierung auf Kuba
Havanna ‐ Menschenrechtsorganisationen auf Kuba berichten von Übergriffen gegen protestierende Bürger. Dagegen ruft Präsident Miguel Diaz-Canel zur „Verteidigung der Revolution“ auf.
Aktualisiert: 27.07.2022
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In Kuba sind am Wochenende an mehreren Orten tausende Menschen gegen die sozialistische Ein-Parteien-Regierung auf die Straße gegangen. Wie regierungskritische Medien berichten, richteten sich die Demonstrationen gegen die Corona-Politik sowie die Repression durch die Führung von Präsident Miguel Diaz-Canel. „Nieder mit der Diktatur“, riefen die Menschen auf den Straßen. Massenproteste gegen die Regierung auf Kuba sind selten, weil sie dagegen scharf durchgreift.
Menschenrechtsorganisationen wie „Human Rights Watch“ und Amnesty International berichteten von Übergriffen der Sicherheitskräfte, die offenbar auf Demonstranten schießen. Regierungskritische Portale veröffentlichten entsprechende Bilder, deren Echtheit aber zunächst nicht überprüfbar war. Die Polizei geht dabei auch gegen Journalisten vor, die über die Demonstrationen berichten wollen. In den Straßen gebe es eine starke militärische Präsenz, berichtete die Amerika-Direktorin von Amnesty International, Erika Guevara-Rosas. Die regierungskritische Zeitung „El Nuevo Herald“ aus Miami berichtete, unter den Verhafteten befinde sich auch ein katholischer Geistlicher. Der Priester Castor Jose Alvarez aus Camagüey sei bei den Protesten festgenommen worden.
Der Präsident wiederum rief die Anhänger der Regierung auf, gegen die Demonstrierenden vorzugehen: „Wir rufen alle Revolutionäre dazu auf, auf die Straßen zu gehen und die Revolution an allen Orten zu verteidigen“, sagte Diaz-Canel. „Wenn sie die Revolution bezwingen wollen, müssen sie über unsere Leichen gehen.“ Regierungsgegner werteten das als eine Kampfansage gegen die Demonstranten. Am Montagmorgen gab es in den Sozialen Netzwerken Aufrufe zu einem Generalstreik im Inselstaat.
Bewegung fordert demokratische Öffnung
Zuletzt kam es auf Kuba immer wieder zu Verhaftungen von regierungskritischen Künstlern und Intellektuellen, die ein Dekret kritisieren, das dem Staat die Kontrolle über Auftrittsmöglichkeiten verschafft. Daraus entstand eine breite unabhängige Bewegung von Kulturschaffenden, die eine demokratische Öffnung des Systems fordert.
Deutschland müsse jetzt seine Verbundenheit mit der Demokratiebewegung zeigen, erklärte die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) am Montag in einer Stellungnahme. Die landesweiten Proteste zeigten, dass Kubas Bevölkerung sich der Demokratiebewegung und dem kreativen Widerstand der Künstler anschließt, hieß es. Zahlreiche Demonstrierende seien verschleppt oder verhaftet worden. Vermisst werde seit Sonntagnacht unter anderen der Vorsitzende der Bürgerrechtsbewegung UNPACU, Daniel Ferrer, der an den Protesten in Santiago de Cuba teilgenommen hatte. Der IGFM, die auf Kuba mit einer Sektion vertreten ist, seien derzeit 152 politische Gefangene bekannt. Die meisten gehören demnach der Demokratiebewegung und regimekritischen Künstlergruppen an oder sind als regierungsunabhängige Journalisten tätig.
Berichte von katastrophalen Zuständen in Krankenhäusern
Zuletzt hatte die Verhaftung des zuvor in Deutschland tätigen Künstlers Hamlet Lavastida für Aufsehen gesorgt. Die Werke Lavastidas wurden zuvor im Berliner Künstlerhaus Bethanien ausgestellt. Lavastida war im Juni aus Deutschland kommend von Mitarbeitern der kubanischen Staatssicherheit festgesetzt worden. Ihm wirft die Justiz Anstachelung zur Rebellion vor.
Neu ist seit wenigen Tagen auch eine breite Kritik aus Reihen des Gesundheitssystems an den Zuständen im Land. Aus Krankenhäusern werden aufgrund hoher Corona-Infektionszahlen katastrophale Zustände berichtet. Es fehle an Personal und Medikamenten. Unabhängige Gremien forderten den Präsidenten auf, den Notstand auszurufen. Zudem fordern sie einen humanitären Korridor für Lebensmittel und Medikamente. Von Regierungskritikern in den USA gesammelte Spenden würden nicht verteilt, heißt es in Havanna.
Dagegen macht die Regierung des Karibikstaats ein seit Jahrzehnten andauerndes Handelsembargo der Vereinigten Staaten für die schlechte Versorgungslage im Land verantwortlich. Auf Kuba regiert seit über 60 Jahren die kommunistische Partei. Andere Parteien sind offiziell nicht zugelassen.
Von Tobias Käufer (KNA)
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