Gazas junge Christen wollen beim Sommercamp den Krieg vergessen

Gazas junge Christen wollen beim Sommercamp den Krieg vergessen

Naher Osten ‐ Die jüngste Gewaltwelle ist auch an Gazas jungen Christen nicht spurlos vorbeigegangen. Ein Sommerlager will den christlichen Nachwuchs auf andere Gedanken bringen.

Erstellt: 06.08.2021
Aktualisiert: 20.07.2021
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Schulhöfe sind laut. Das liegt in der Natur der Sache. Wenn es aber in den Sommerferien auf einem Schulhof wuselt, muss es wohl etwas umsonst geben. So wie in der katholischen Schule „Heilige Familie“ in Gaza in diesen Wochen, auf deren teilüberdachtem Hof es in diesen Wochen bunt zugeht. Von morgens bis zum Nachmittag erobern sich 80 junge Christen vom Kindergartenalter bis zur Oberstufe bei einem fünfwöchigen Sommerlager den geschützten Raum. Nach konfliktreichen Wochen im Frühsommer nehmen Eltern und Kinder das kostenlose Angebot der katholischen Pfarrei besonders gern an.

Elf Tage dauerte Mitte Mai die jüngste Runde der Gewalt im israelisch-palästinensischen Konflikt, bis sich Israel und die Hamas auf eine Waffenruhe einigten. Tausende Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel töteten dreizehn Israelis, massiven israelischen Gegenschlägen aus der Luft fielen 248 Palästinenser im Gazastreifen zum Opfer. Auch bei Gazas kleiner Christengemeinde hat der Kampf Spuren hinterlassen. Von rund 400 christlich bewohnten Häusern sind bei den Luftangriffen zwei zerstört und mehr als 50 beschädigt worden. Die Pfarrei, wichtiger sozialer Dreh- und Angelpunkt vieler Christen in Gaza, hat Schäden davongetragen, auch die Schule der Rosenkranzschwestern wurde schwer beschädigt.

Vor allem aber psychologisch hat sich die Gewalt niedergeschlagen. „Seit dem Krieg brauchen die Kinder besonders dringend Zuwendung, viele sind sehr nervös oder aggressiv“, sagt Maria del Pilar. Die gemeinsamen Sommeraktivitäten sollen „Abwechslung und Entspannung“ für die junge Generation bringen und zugleich die christliche Gemeinschaft stärken, erklärt die argentinische Ordensfrau von den „Dienerinnen des Herrn und der Jungfrau von Matara“, dem Schwesternzweig der Familie des „Verbo encarnado“ (Fleischgewordenes Wort). 133 Gläubige zählt die katholische Pfarrei gegenwärtig noch, zusammen mit der griechisch-orthodoxen Mehrheit kommt der abgeriegelte Landstrich zwischen Südisrael, dem Mittelmeer und Ägypten auf knapp 1.000 Christen.

Zeit für spielerische Aktivitäten

Die üblichen Schuluniformen haben Ferien, stattdessen dominieren T-Shirts in leuchtend vatikanischem gelb und weiß die Szenerie, bedruckt mit dem Logo des diesjährigen Lagers: Ein Kreuz mit Dornenkrone, eine Friedenstaube und zwei Ölzweige. Viele Kinder tragen einen Rosenkranz. Messe, Frühstück, Katechismus, Spielzeit, Mittagessen und zum Abschluss ein sakramentaler Segen: Das Programm klingt strenger als es ist. Neben Gebet, Gottesdienst und religiöser Unterweisung bleibe genügend Zeit für spielerische Aktivitäten, sagt Maria del Pilar.

Fussball steht bei den beiden 13-Jährigen Firas und Eduard besonders hoch im Kurs. Daneben stehen Gesellschaftsspiele, Tischtennis, der orientalische Tanzklassiker „Dabke“ oder auch künstlerische Aktivitäten und Musik zur Auswahl. Wer will, kann mit der Argentinierin Italienisch lernen, und einmal in der Woche geht es auf Tagesausflüge, etwa ins Schwimmbad oder auf eine Fahrradtour. Manche, wie Laila, finden das Lager auch ganz einfach wegen dem Essen toll. „Das ist das Beste“, sagt die 10-Jährige, bevor sie einen bunten Ball zielgenau in den wenige Meter entfernt stehenden Papierkorb versenkt.

Chips-Wettessen, örtliche Plumpssack-Varianten, Wasserbomben und Geschicklichkeitsspiele sorgen an diesem Tag für viel Heiterkeit. „Es macht mich glücklich, die Kinder so glücklich spielen zu sehen“, sagt Celina. Die 16-Jährige betreut das Sommerlager als Spielführerin. Während der gleichaltrige Mitfreiwillige Suhail mit seinem Einsatz Verantwortung übernehmen will, hat Celina sich gemeldet, weil sie „eine positiv gestimmte Person“ sei und „einfach gern bei diesen Dingen“ helfe. Mitbetreuerin Julia (15) pflichtet ihr bei: „Es macht Spaß, mit den Kindern zu arbeiten, aber als Freiwillige in den Ferien, nicht als Beruf.“

Von Andrea Krogmann (KNA)

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