Nach Ansicht der Organisationen greift das Schuldenmoratorium der G20 zu kurz, weil die Gruppe der anspruchsberechtigten Länder zu klein sei und die privatwirtschaftlichen Gläubiger nicht mit in die Pflicht genommen würden. So liege der Fokus einseitig auf kleinen und leicht zu entlastenden Ländern, statt dem tatsächlichen Entschuldungsbedarf gerecht zu werden. Kritik übten die Organisationen zudem an der bislang fehlenden Beteiligung privater Gläubiger an dem Schuldenmoratorium. „Eine Stundung der Zahlungsverpflichtungen durch öffentliche Gläubiger darf nicht dazu führen, dass private Gläubiger ihre finanziellen Ansprüche umso leichter durchsetzen können“, mahnte Eva Hanfstängl von Brot für die Welt.
Tobias Hauschild von Oxfam Deutschland sagte: „Selbst bei einer Verlängerung des Moratoriums um mehrere Jahre wären viele Länder angesichts des Corona-bedingten wirtschaftlichen Einbruchs nicht in der Lage, Schuldenrückzahlungen so bald wieder aufzunehmen.“
Nach den Worten von Klaus Schilder, Experte für Entwicklungsfinanzierung bei Misereor, ist es jetzt Zeit für eine Neubewertung der Schuldentragfähigkeit hochverschuldeter Länder und für Schuldenstreichungen auf ein nachhaltig belastbares Maß. Jeder Dollar erlassener Schulden könne direkt in die Stärkung der Gesundheits- und Bildungssysteme und in die soziale Sicherung investiert werden. Schuldenerlasse seien angesichts leerer öffentlicher Kassen ein wichtiger Baustein, um die Globalen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) bis 2030 zu erreichen, so Schilder.
Das im April beschlossene Schuldenmoratorium der G20 war insgesamt 73 Staaten angeboten worden. 46 von ihnen haben es bislang angenommen, darunter Länder wie Pakistan und Angola. Aktuell befinden sich 17 Staaten im teilweisen Zahlungsausfall. 27 weiteren ärmeren und kleineren Staaten bescheinigt der IWF ein hohes Überschuldungsrisiko.