„Ideales Umfeld für die Übertragung“
Weil Kirchen in Verdacht stehen, neben Schulen, Sportstudios und Restaurants das Virus besonders effektiv zu verbreiten, ordnete der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom am 13. Juli zum zweiten Mal die Schließung der Gotteshäuser in seinem Bundesstaat an. Betroffen sind 80 Prozent der Kalifornier in 29 Regierungsbezirken, die rasant steigende Fallzahlen verzeichnen.
„Das Virus verschwindet so schnell nicht“, begründete Newsom die Maßnahmen, die er mit einem Dimmer vergleicht, der je nach Bedarf angepasst werden kann. Bischof Jaime Soto von der Diözese Sacramento sagte die Kooperation der katholischen Kirche zu. In einem Schreiben an die Gläubigen heißt es, man werde versuchen „wo möglich, die Messe draußen zu feiern“.
Evangelikale Kirchen zeigen weniger Verständnis. „Es gibt keinen Ersatz für persönliche Begegnung“, sagte Mark Miller von der Bayside Church von Roseville nahe der Hauptstadt Sacramento. In Florida, Nevada, Texas und vielen Staaten des Bibelgürtels im Süden der USA, die nun das Epizentrum der Covid-19-Krise sind, kündigten Gemeinden Widerstand an. Trotz explodierender Infektionszahlen pochen Kirchenführer auf das Verfassungsrecht der Religionsfreiheit, kämpfen für mehr als die genehmigten 50 Gottesdienstbesucher und gehen gerichtlich gegen Auflagen vor.
„Unsere Kirchen haben sich streng an die Sicherheitsauflagen gehalten“, verteidigt etwa die Bischöfin der „United Methodist Church“ von Louisiana, Cynthia Fierro Harvey, die Wiederaufnahme von Gottesdiensten. Experten wie der Infektiologe Carlos del Rio warnen, dass Schutzmaßnahmen alleine in geschlossenen Räumen nicht ausreichten. Gotteshäuser seien ein „ideales Umfeld für die Übertragung“, weil Menschen dort sprechen und gemeinsam singen.
Kirchenführer wie Dan Satterwhite von der „Lighthouse United Pentecostal Church“ lassen das Argument nicht gelten. Obwohl seine Gemeinde im Norden Oregons im behördlichen Verdacht steht, ein „Super-Spreader“ zu sein, gibt er sich fatalistisch. „Wenn Gott will, bekomme ich Covid – wenn nicht, bekomme ich es nicht!“
Von Thomas Spang (KNA)
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