Deutlich angestiegen sind auch die Einzelausfuhrgenehmigungen an Drittstaaten (Nicht-EU/NATO oder gleichgestellte Staaten, wie Australien, Neuseeland oder die Schweiz), nämlich um rund eine Milliarde € von 2,55 € Milliarden auf 3,531 Milliarden €. Dass deren Anteil an den Gesamtexporten nur bei 44,1 Prozent (2018: 52,9 Prozent) liegt, ist also der hohen Zahl der insgesamt genehmigten Rüstungsexporte zuzurechnen – nicht etwa einer Trendwende hin zu einer restriktiven deutschen Rüstungsexportpolitik. Vielmehr bleibt die Genehmigungspraxis in höchstem Maße problematisch.
Dies zeigt auch der Blick auf die Empfängerstaaten unter den Drittstaaten. Spitzenreiter unter den Drittstaaten und Platz 2 in der Gesamtstatistik der Empfängerstaaten deutscher Rüstungsexporte ist Algerien – die Genehmigungen beziehen sich hierbei vor allem auf Teile für gepanzerte Fahrzeuge, vermutlich um die Produktion der Transportpanzer Fuchs und auch der Radpanzer Boxer zu realisieren, die dort in Lizenz gebaut werden. Algerien betreibt seit Jahren eine großflächige Modernisierung der Streitkräfte und bemüht sich darum, eigene Produktionskapazitäten mit Hilfe deutscher Firmen zu realisieren. Dies ist ein Trend, der sich in vielen Ländern der MENA-Region (Middle East and North Africa) feststellen lässt. Eigene Produktionskapazitäten eröffnen diesen Ländern die Möglichkeit zu Rüstungsexporten in Kriegs- und Krisenregionen. Dagegen hat Algerien den internationalen Waffenhandelsvertrag (Arms Trade Treaty/ATT) von 2014, der globale Kriterien der Rüstungsexportkontrolle beinhaltet, bislang nicht unterzeichnet. Deutschland hatte sich in der Überarbeitung der Politischen Grundsätze vom Juli 2019 dazu verpflichtet, die Unterstützung des ATT durch das Empfängerland in seiner Beurteilung der Genehmigungen ebenfalls zu berücksichtigen.
Im Koalitionsvertrag hatten CDU und SPD vereinbart, keine Rüstungsgüter an Länder der Jemen-Kriegskoalition zu liefern. Dazu zählt unter anderem auch Ägypten, für das 2019 Rüstungsgüter im Wert von rund 847 Millionen Euro genehmigt wurden. Inzwischen unterstützt Ägypten in Libyen die Milizen um General Haftar, die große Teile des libyschen Staatsgebietes erobert haben.
In Ägypten ist eine Militärregierung an der Macht, die Opposition und politischen Widerstand brutal unterdrückt. Der Tod des ehemaligen ägyptischen Präsidenten Mursi während eines laufenden Gerichtsverfahrens dokumentiert die Missachtung rechtsstaatlicher Verfahren und internationaler Konventionen durch die ägyptische Regierung. Die Haftbedingungen Mursis könnten nach der UN-Antifolterkonvention als Folter gewertet werden.
Der Bericht der UN-Expertenkommission zur Einhaltung des Waffenembargos in Libyen nennt auch die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Jordanien als solche Staaten, die das Embargo gebrochen haben sollen. (Link 1 | Link 2)