Frage: Herr Röwekamp, der DVHL hat für Spenden online oder per Überweisung geworben, und auch das Österreichische Hospiz hat unlängst einen Spendenaufruf lanciert. Ist die finanzielle Lage durch Corona so angespannt?
Röwekamp: Die Heiligland-Kollekte in der heiligen Woche, unsere wichtigste Einnahmequelle, ist in diesem Jahr zunächst weggefallen. Es ist nach wie vor unklar, ob es eine Ersatzkollekte für uns und Misereor geben wird. Wir hoffen darauf.
Frage: Weil die Onlinekampagne nicht erfolgreich war?
Röwekamp: Es ist mehr Geld gespendet worden, als wir erwartet hatten, allerdings nur ein Bruchteil der durchschnittlichen Summe der letzten Jahre. Wir haben jedoch gemerkt, dass diese Art der Spendenwerbung grundsätzlich funktioniert. Wir werden auch in Zukunft andere Formen der Werbung und Kommunikation verstärken, ein Schritt, den wir ohnehin geplant hatten, der nun schneller kommt. Angesichts der Entwicklung von Kirchenmitgliedschaft und Gottesdiensten darf die Palmsonntagskollekte nicht unsere einzige Einnahmequelle bleiben.
Frage: Hat das Virus damit positiv etwas bewirkt?
Röwekamp: Viele Menschen wissen jetzt deutlicher, wer wir sind und für welche Einrichtungen wir stehen. Für eine Bilanz ist es sonst aber noch zu früh. Noch leiden wir zu sehr unter der Situation. Das Altenheim in Qubeibeh leidet unter der Ausgangssperre und den Corona-Fällen rund herum, die Schmidtschule darunter, dass Schulgelder nicht oder nicht vollständig gezahlt werden können. Unsere Gästehäuser und Reiseabteilung leiden, weil es keine Gäste gibt. Wir sind als Verein an vielen Stellen getroffen, aber mit der Kollekte, den Häusern und den Reisen sind unser Hauptproblem zurzeit tatsächlich die Finanzen, zumal Überschüsse üblicherweise in die ideelle Arbeit fließen.
Frage: Wie geht es weiter?
Röwekamp: Gegenwärtig hoffen wir auf eine Wiederaufnahme des Betriebs im September. Ganz aufgegeben haben wir auch die Hoffnung noch nicht, eine dreiwöchige Sommerakademie im August durchführen zu können, die bisher noch nicht abgesagt wurde.
Frage: Wie gut ist die Zusammenarbeit zwischen kirchlichen Einrichtungen in diesen Zeiten?
Röwekamp: Die katholischen Hilfsorganisationen haben sich unter Vorsitz von Erzbischof Pierbattista Pizzaballa getroffen. Er hat intensiven Austausch und Koordination gefordert, um nicht etwa Lebensmittelpakete zu verteilen, die dann von den Empfängern weitergegeben oder getauscht werden, weil sie nicht benötigt werden. Um zielgerichtet helfen zu können, müssen wir genau hinschauen, was gebraucht wird. Das kann finanzielle Hilfe für Stromrechnungen sein und in einem anderen Fall die Anschaffung von Desinfektionsmitteln. Gleichzeitig ist es ernüchternd zu sehen, dass sich an Rivalitäten trotz der Krise nicht viel geändert hat. Ich glaube daher auch nicht, dass sich die Gesellschaft durch die Pandemie nachhaltig verändern wird.
Frage: Verschärft hat sich dagegen die Lage von Migranten im Land.
Röwekamp: Deshalb unterstützen wir eine Organisation, die Migrantenfamilien mit Lebensmittelgutscheinen hilft. An dieser Stelle können wir als ausländische Organisation mit Blick von außen auch eine Brücke zwischen neueingewanderten und einheimischen Christen sein. Diese wichtige Aufgabe lässt sich meines Erachtens durchaus mit der Herausforderung der alten Kirche vergleichen, ein Auseinanderbrechen von Judenchristen und Heidenchristen zu verhindern. Wenn das Christentum hier eine Zukunft hat, dann nicht ohne diese Migrantengruppen.