Seit langem reiben sich Salvini und die Kirche in Italien in der Frage der Einwanderungspolitik. Nahmen die Bischöfe des Landes anfangs eine abwartend-neutrale Haltung ein, so kritisierten sie mit der Zeit deutlicher die Politik der Abschottung – neben anderen katholischen Akteuren wie der Jesuiten-Flüchtlingsdienst, die Caritas oder der Papst selbst, der unverblümt gegen Populismus und Nationalismus predigt.
Ein Höhepunkt war der Fall der „Diciotti“. Salvini untersagte dem Schiff der Küstenwache im August 2018, gerettete Migranten an Land zu lassen. Auf Initiative der Bischofskonferenz durften 100 von ihnen schließlich in ein kirchliches Zentrum bei Rom. Binnen weniger Tage verschwanden die meisten. Salvini goß Häme aus. Wenige Wochen voher hatte die auflagenstarke katholische Zeitschrift „Famiglia Cristiana“ den Lega-Politiker in einer Titelstory mit dem Satan verglichen.
Seither ist das Verhältnis distanziert, aber neuerdings wird der Ton schärfer. Als vor einer Woche der päpstliche Armenbeauftragte Konrad Krajewski in einem Akt zivilen Ungehorsams einen gesperrten Stromanschluss für Hausbesetzer in Rom freischaltete, warf Salvini dem Kurienkardinal vor, Illegalität zu unterstützen. Der Vatikan müsse die aufgelaufenen Stromrechnungen von 300.000 Euro übernehmen; die Aktion könne „Konsequenzen haben“.
Praktisch zeitgleich protestierten Neofaschisten der „Forza Nuova“ in unmittelbarer Vatikannähe gegen Franziskus. Die Kundgebung fand zum Mittagsgebet vor dem belebten Petersplatz statt. Die Polizei griff nicht ein. Im Internet bezichtigten die Rechtsextremen den Papst, eine „islamische Einwanderung“ und „Interessen internationaler Kräfte“ zu fördern.
Der Vatikan reagiert auf seine Art. Bei der Generalaudienz drei Tage später ließ Franziskus auf seinem Papamobil acht Kinder mitfahren, die, so die Mitteilung des Presseamts, auf unterschiedlichen Wegen aus Libyen eingereist waren. Der Papst und die Kleinen aus Syrien, Nigeria, Kongo: Salvini wird die Botschaft verstanden haben. Unter guten Gegnern braucht es nicht viele Worte.