Auf die Frage, ob die Tage für die Christen in Syrien gezählt seien, folgt eine kurze Pause. Dann sagt der Kardinal mit Nachdruck: „Nicht Hunderte, eine halbe Million Kirchen wurden zerstört und mehr als eine Million beschädigt. Die wahre Kirche ist der Mensch. Das Heiligste sind die Kinder. So viele wurden getötet, verletzt, verstümmelt.“ Im Bericht der UN-Nothilfeorganisation (OCHA) sei nachzulesen, dass 33 Prozent der Wohnhäuser in Syrien durch den Krieg zerstört worden seien, das sei „die eigentliche Katastrophe“.
Die Christen würden in Syrien nicht verfolgt, es herrsche Religionsfreiheit, fährt der Kardinal fort und erinnert daran, dass einer der Gründerväter Syriens ein Christ gewesen sei: „Faris al-Khoury war Ministerpräsident und vertrat Syrien bei der Gründung der Vereinten Nationen 1945.“ Womöglich fühlten sich einige Christen in Syrien „als Menschen zweiter Klasse“, doch es sei keine Bestrafung, in Syrien geboren zu sein, es sei eine Mission. „Jetzt werden wir gebraucht, gerade weil wir Christen sind müssen wir den Menschen zeigen, dass wir bei ihnen sind.“
Zenari hofft, dass jene, deren Häuser nicht zerstört wurden und die als Ärzte oder Ingenieure arbeiten könnten, ins Land zurückkehren. „Wenn man nicht unter Bomben leben muss, hat man eine Verantwortung.“ Die größte Verletzung für das Christentum sei, „wenn die Kirchen leer bleiben“.