Frage: Was genau tun Sie für die Frauen im Land?
Kunjavara: Zunächst geben wir ihnen das Zutrauen, dass sie mit Männern gleichberechtig sind. Kulturell wurden sie bislang so geprägt, dass sie immer zu den Männern aufschauen mussten. Wenn wir mit den Frauen arbeiten, geben wir ihnen das Zutrauen, dass sie auch fähig sind. Sie kennen sich in der Landwirtschaft aus, in Gesundheits- und Hygienefragen, Regierungsführung und Haushalten. Wir geben den Frauen Zutrauen, denn sie sind organisiert, sie halten zusammen, sind eine Einheit und stehen ein gegen häusliche Gewalt, Unterdrückung, und Ausgrenzung von Entscheidungen im Bereich der Landwirtschaft. Wir helfen den Frauen, mehr Kontrolle zu erhalten, Entscheidungen zu finden, mehr Anerkennung zu erhalten als Menschen, die die Ressourcen und das Wissen haben und es für die eigene Stärkung einsetzen können.
Frage: Wie betrifft die Bauern der Klimawandel und welche Maßnahmen ergreifen Sie, um sie davor zu schützen?
Kunjavara: Unsere Erfahrung mit den Auswirkungen des Klimawandels wie Überschwemmungen, Dürren, und den Jahreszeiten unangemessene Regenfälle zeigt, dass besonders jene Dörfer betroffen sind, die sich der Mainstream-Landwirtschaft angepasst haben. Die Landwirtschaft hängt von bestimmten agroklimatischen Bedingungen ab. Wenn man nun eine Agrarwirtschaft einführt, die nicht zu den lokalen Klimabedingungen passt, ist die Krise sicher. Früher oder später zahlen die Bauern den Preis dafür. Wir haben festgestellt, dass der Klimawandel auf die eine oder andere Art immer da war. Die lokalen Agrarsysteme sind in der Lage, dem standzuhalten. Sicher ist der Klimawandel in den letzten 15, 20 Jahren schlimmer geworden. Aber die lokalen Landwirtschaftssysteme sind besser in der Lage, die Auswirkungen des Klimawandels in den Griff zu bekommen. Wenn wir mit den Dorfgemeinschaften zusammenarbeiten, versuchen wir also lokale Lösungen zu finden, denn diese sind standardmäßig robuster. Auch lokale Arten von Saatgut wie etwa Hirse sind resistenter gegen die Auswirkungen des Klimawandels. Wenn der Regen etwa ausbleibt, wird es für die Bauern trotzdem etwas abwerfen. Wir helfen den Bauern also, ihre Ernährungssicherheit zu erhalten, indem wir lokale Systeme unterstützen und nicht ein Mainstream-Landwirtschaftssystem, das zu den lokalen Bedingungen gar nicht passt.
Frage: Sie setzen also stärker auf lokale Lösungen als auf das große Agrobusiness?
Kunjavara: Die Bauern erzählen uns ausnahmslos, dass der Markt oder Kräfte von außen dazu führen, dass sie verhungern müssen oder ihre Existenz in Gefahr ist. Gleichzeitig gibt es eine gewisse Hilflosigkeit bei den Bauerngemeinschaften, weil sie schon so lange von diesem Markt abhängen und das Wissen in den Gemeinschaften merklich zurückgegangen ist. Wenn wir mit den Bauern sprechen, stellen wir fest, dass sie eine größere Selbstständigkeit und Kontrolle über ihre Arbeit brauchen. Die Bauern haben diese Herausforderung angenommen.
Das Interview führte Claudia Zeisel
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