Schwierige Themen kann man nicht aus der Welt schaffen, indem man dazu schweigt. Die notwendige öffentliche Debatte muss allerdings mit Sorgfalt und Genauigkeit geführt werden. Das gilt auch für die beiden gerade genannten Themen. Maßnahmen gegen terroristische Bedrohung können nur erfolgreich sein, wenn sie sich gezielt auf diejenigen richten, von denen die Gefahr ausgeht, also auf die mutmaßlichen Gewalttäter und ihre unmittelbaren ideologischen Unterstützer. Wer die Abwehr terroristischer Bedrohung hingegen mit allgemeinen kulturkämpferischen Gesten gegenüber Muslimen verbindet, spaltet die Gesellschaft und sät Misstrauen gegenüber ganzen Bevölkerungsgruppen.
Wir haben die demütigenden Szenen aus Frankreich noch vor Augen, als muslimische Frauen, die mit Kopftuch und Mantel an den Stränden spazieren gingen, von der Polizei angehalten oder von der Bevölkerung verjagt wurden. Es ist zwar verständlich, dass die Menschen nach dem furchtbaren Massaker in Nizza, als ein islamistischer Attentäter mit einem LKW wahllos Menschen überfuhr, verunsichert sind und dass daraus der Wunsch nach entschlossenem staatlichem Vorgehen erwächst. Das in einigen Gemeinden zwischenzeitlich verhängte Verbot von Ganzkörperbadeanzügen („Burkinis“) an den französischen Stränden steht aber in keinem nachvollziehbaren Sachzusammenhang mit der bestehenden Terrorgefahr.
Tendenzen kulturkämpferischer Islamabwehr zeigen sich neuerdings auch wieder in der deutschen öffentlichen Debatte. So kursieren Vorschläge, man solle muslimischen Gemeinden die Predigt in deutscher Sprache vorschreiben. Wer diesen Weg beschreiten will, müsste dann konsequenterweise auch katholische Gottesdienste in polnischer oder italienischer Sprache verbieten. Mit der Religionsfreiheit wäre all dies nicht vereinbar. Wenig sinnvoll wären auch Maßnahmen, die darauf abzielen, Moscheegemeinden von ausländischen Finanzquellen abzuschneiden.
Denn man geriete auf diese Weise in Widerspruch zur Praxis deutscher Kulturaußenpolitik, die ja ebenfalls auf Instrumente finanzieller Förderung zurückgreift. Wenig durchdacht wirken Forderungen nach einem Verbot von Gesichtsschleiern. Sollte es tatsächlich so sein, dass Frauen ‚unter die Burka gezwungen‘ werden, wie es oft heißt, würde eine Verbotsregelung ihre Bewegungsfreiheit in der Öffentlichkeit lediglich weiter beeinträchtigen.