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Regierung und FARC unterzeichnen neues Friedensabkommen

Kolumbien ‐ Der erste Versuch war in einer Volksabstimmung durchgefallen. Jetzt haben Regierung und Rebellen in Kolumbien ein neues Friedensabkommen unterzeichnet - gegen den Widerstand der Opposition. Trotzdem machte Präsident Santos seinem Volk ein großes Versprechen.

Erstellt: 25.11.2016
Aktualisiert: 25.11.2016
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Mit dem Versprechen, bald die Rebellen zu entwaffnen, hat am Donnerstag um 11.28 Uhr (Ortszeit) die Nachkriegs-Ära in Kolumbien begonnen. Im mit 800 geladenen Gästen voll besetzten Theater Colon in der Hauptstadt Bogota setzte zunächst der Chef der linksgerichteten Guerilla-Organisation FARC, Rodrigo Londono, alias „Timochenko“, seine Unterschrift unter den neuen Vertrag. Nur 60 Sekunden später folgte Präsident und Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos.

Der machte anschließend seinem Volk ein großes Versprechen: „In 150 Tagen, in nur 150 Tagen, sind alle Waffen der FARC in den Händen der Vereinten Nationen – und die FARC als bewaffnete Gruppe hört auf zu existieren.“ Zugleich rief er den Kongress auf, dem neu ausgehandelten Friedensabkommen zuzustimmen. Dies wäre der „D-Day“ für Kolumbien, so Santos.

FARC-Chef setzt Hoffnungen in Trump

FARC-Chef „Timochenko“ verabschiedete sich kurz zuvor verbal endgültig vom bewaffneten Kampf: „Dieses Volk ist die Gewalt leid.“ Anschließend schickte er noch einen Gruß an den neuen US-Präsidenten. Er hoffe, dass Donald Trump eine markante Rolle für den Frieden spielen werde.

Die Guerilla-Organisation hatte in den letzten Monaten Wort gehalten und auf jegliche Gewaltakte verzichtet. Die Unterzeichnung des nachverhandelten Vertrages ist auch das offizielle Ende der FARC als Terror-Organisation. Die Europäische Union hatte die älteste aktive Guerillagruppe Lateinamerikas schon nach der Unterzeichnung des ersten Vertrages Ende September von der Liste der Terror-Organisationen gestrichen.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier gratulierte dem südamerikanischen Land zur Unterzeichnung, warnte aber vor übertriebenen Erwartungen: „Für Erleichterung ist es noch viel zu früh. Der Friedensprozess steht jetzt an einem kritischen Punkt: Der Waffenstillstand ist äußerst fragil, und die Zunahme politisch motivierter Morde zeigt, wie andere Gewaltakteure mit aller Macht versuchen, den Weg Kolumbiens in eine friedliche Zukunft zu torpedieren.“

„Für Erleichterung ist es noch viel zu früh.“

—  Zitat: Frank-Walter Steinmeier, Bundesaußenminister

Damit spielte Steinmeier auf die jüngste Gewaltwelle in Kolumbien an, bei der rechte paramilitärische Gruppen tödliche Attentate auf Menschenrechtler verübten und die zweitgrößte Rebellengruppe des Landes, die marxistische ELN-Guerilla, Soldaten und Polizisten ermordete. Die erwarteten Friedensverhandlungen mit der ELN stehen wegen ausbleibender Geiselfreilassungen noch auf der Kippe.

Neben Vertretern von Opferverbänden und der Zivilgesellschaft nahmen an der Zeremonie auch Repräsentanten der Garantiemächte teil. Insgesamt war der Rahmen aber deutlich bescheidener und kleiner als bei der weltweit beachteten ersten Unterzeichnung vor knapp zwei Monaten.

Opposition lehnt Vertrag weiter ab

Auch auf der Plaza Bolivar im Herzen Bogotas versammelten sich diesmal nur wenige Hundert Menschen, um auf Großbildleinwänden die Zeremonie live zu verfolgen. Regierung und FARC hatten sich jüngst auf ein neues, überarbeitetes Friedensabkommen verständigt, das nun durch den Kongress abgesegnet werden soll, über das aber nicht erneut das ganze Volk abstimmen wird.

Zuvor hatten beide Seiten nach vierjährigen Verhandlungen einen ersten Friedensvertrag ausgehandelt, der zunächst unterschrieben wurde, anschließend aber bei einer Volksabstimmung durchfiel. Für seine Bemühungen wurde Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Die rechtsgerichtete Opposition lehnt den Friedensvertrag weiter ab. Sie fordert Nachbesserungen und eine erneute Volksabstimmung. Der jahrzehntelange blutige Bürgerkrieg kostete rund 300.000 Menschen das Leben und machte rund sieben Millionen Menschen zu Flüchtlingen.

Von Tobias Käufer (KNA)

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