Moskauer Konferenz über christliche Werte

Moskauer Konferenz über christliche Werte

Konferenz ‐ Christliche Werte verbinden nicht nur Orthodoxe und Katholiken, sondern auch unsere Gesellschaft. Die Rolle von christlichen Werten und deren Herausforderungen in der globalisierten Welt war Anfang Oktober Thema einer internationalen Konferenz in Moskau.

Erstellt: 28.10.2016
Aktualisiert: 28.10.2016
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Welche Rolle spielen christliche Werte in der globalisierten Welt? Über diese Frage diskutierten Anfang Oktober über 150 Sozialwissenschaftler, Religionsforscher, Theologen, Politik- und Wirtschaftswissenschaftler aus zwölf Ländern Europas und der Welt auf einer Konferenz in Moskau. Die Zusammenkunft von Papst Franziskus und dem Moskauer Patriarchen Kyrill im Februar dieses Jahres habe den Impuls für das internationale Treffen in Russland gegeben, teilten die Veranstalter der Konferenz mit.

Der Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Kurienkardinal Prof. Dr. Kurt Koch, schrieb an die Teilnehmer der Konferenz, dass die christlichen Werte in unserer Zeit immer größere Bedeutung gewinnen, besonders innerhalb der europäischen Zivilisation, die heutzutage eine ernste Identifikationskrise erlebt. Diese Frage spiele für die Annäherung der christlichen Kirchen eine zentrale Rolle. Dabei sei es wichtig zu bedenken, dass nicht die moralischen Einstellungen uns Christen verbinden, sondern Christus selbst.

Die moderne Wertediskussion

Der erste Teil der Konferenz „Christliche Werte und die Grundlagen der modernen Wertediskussionen“ wurde mit einem Online-Beitrag des deutschen Philosophen Robert Spaemann eröffnet. „Das Christentum verkündet nicht die christlichen Werte, sondern die christliche Wahrheit“, sagte Spaemann. Eine methodologische Einführung zum Thema gab die Ethikforscherin der Lomonossow-Universität Moskau, Tatjana Porohovskaya. Der katholische Erzbischof von Moskau und Präsident der Russischen Bischofskonferenz, Dr. Paolo Pezzi, sprach über das Wesen und die Inhalte der christlichen Werte.

Bild: © West-Ost-Institut

„Die moderne Gesellschaft ist von christlichen Werten geprägt, vor allem im Hinblick auf die Würde der Person und das Gemeinwohl. Wir erleben doch einen Prozess, in dem die christlichen Werte von ihrer Quelle, von der Person Jesu Christi, entfremdet werden. Die säkularisierte Gesellschaft und der Staat versuchen das Christentum auf einzelne Werte zu reduzieren, als eine Art ‚Ghetto der guten Gefühle‘ darzustellen“, sagte Pezzi.

Der russische Religionssoziologe Prof. Dr. Anatoliy Krasikov, der für die Zusammenarbeit mit der Kirche unter der Regierung des Präsidenten Jelzin zuständig war und früher als sowjetischer Beobachter das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965) erlebte, sprach über die aktuellen Werteherausforderungen in Europa. Msgr. Salvador Pane Dominguez, Regens des internationalen Priesterseminars „Redemptoris Mater“ des Erzbistum Köln, stellte die aktuelle europäische Wertediskussionen vor. Der italienische Journalist und Redakteur bei Radio Vatikan, Mario Galgano, benannte aus römischer Perspektive Impulse zum Thema „Einfluss von Politik und Medien auf das Wertesystem der modernen Gesellschaft“.

Gesetzgebung und christliche Werte

Im zweiten Teil der Konferenz, der unter dem Thema „Christliche Werte in der modernen Gesellschaft“ stand, sprach der Kölner Rechtswissenschaftler Dr. Christian Jasper über den Einfluss christlichen Gedankenguts auf die Wertetraditionen, die der Gesetzgebung in Europa und der Welt zugrunde liegen. Dabei vertrat er die These, dass Christen auch zukünftig in säkularen Staaten als Ausfluss der Religionsfreiheit mit freiheitlichen Mitteln Einfluss auf die Gesetzgebung nehmen können und dürfen. Daran hätten oftmals auch die Staaten ein Interesse, weil sie auf ein Wertefundament in der Gesellschaft angewiesen seien, dass sie selbst nicht schaffen könnten, so Jasper in Anlehnung an den bekannten Rechtsphilosophen Ernst-Wolfgang Böckenförde.

Beim abschließenden Expertenforum betonte der Vorsitzende der Synodalen Abteilung für Zusammenarbeit zwischen Kirche und Gesellschaft im Patriarchat der Russisch-Orthodoxen Kirche, Prof. Dr. Vladimir Legoida: „Wir sprechen heute an den Konferenzen über Werte. Dabei wäre es wichtig zu verstehen, dass das Christentum nicht nur ein Werte- oder axiologisches System ist, sondern dass es Leben in Christus ist“. Mit Diskussionsbeiträgen nahmen an dem Expertenforum der Chefredakteur des Kölner Domradios Ingo Brüggenjürgen, die Abgeordnete der Duma (des russischen Parlaments) und Schauspielerin Elena Drapeko, der Theologe Andrzej Kucinski, sowie weitere Wissenschaftler und Repräsentanten der Öffentlichkeit teil.

Die Konferenz wurde vom West-Ost-Institut Berlin zusammen mit dem National Institute of Business, der Agentur für strategische Kommunikation „Nikkolo M“ sowie dem Europainstitut der Russischen Akademie der Wissenschaften vorbereitet und durchgeführt. Zu den Partnern der Konferenz gehörten u. a. Domradio.de sowie die Diözesanstelle des Erzbistums Köln „Weltkirche-Weltmission“ und zahlreiche Universitäten und Forschungseinrichtungen.

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