Jesuitenpater Alt stellt Forschungsprojekt zur Steuergerechtigkeit vor

Jesuitenpater Alt stellt Forschungsprojekt zur Steuergerechtigkeit vor

Finanzen ‐ Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer, Reichensteuer: Die Möglichkeiten für eine Umverteilung von Geld liegen scheinbar auf der Hand, auch für Jörg Alt. Der nationale und internationale Steuerwettbewerb stehe jedoch einer gerechten Verteilung im Weg, meint der Jesuitenpater. In seinem neuen Buch warnt er: Wir verschenken Milliarden.

Erstellt: 30.09.2016
Aktualisiert: 30.09.2016
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Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer, Reichensteuer: Die Möglichkeiten für eine Umverteilung von Geld liegen scheinbar auf der Hand, auch für Jörg Alt. Der nationale und internationale Steuerwettbewerb stehe jedoch einer gerechten Verteilung im Weg, meint der Jesuitenpater. In seinem neuen Buch warnt er: Wir verschenken Milliarden. Auf einer Podiumsdiskussion im Caritas-Pirckheimer-Haus (CPH) in Nürnberg wurden die Ergebnisse seines Forschungsprojektes „Steuergerechtigkeit und Armut“ diskutiert.

Am Ende der Diskussion herrschte großer Konsens: Eine starke Finanzverwaltung sei wichtig, sie sei „ein Gerechtigkeitsfaktor und nichts Böses“ (Christoph Werwein), ihre „wichtigste Stellschraube“ sei das Personal (Thomas Mütze), daher „brauchen wir viel mehr Steuerbeamte“ (Herbert Kränzlein) – und Sebastian Brehm hat sich das Ganze „mit dem Rotstift notiert“, um Finanzminister Söder nochmal daran zu erinnern. P. Jörg Alt freute sich in seinem Schlussplädoyer über die „Grundübereinstimmung“ auf dem Podium, er würde „politische Kompromisse nicht geringschätzen, um ein ungerechtes System zu verbessern“.

Bild: © Jesuitenmission

Pater Alt und Siegfried Grillmeyer, Leiter des  CPH, hatten am Donnerstagabend zu einer Debatte nach Nürnberg geladen. Diskussionsgrundlage: die Ergebnisse von Alts Forschungsprojekts zu „Steuergerechtigkeit und Armut“. Neben den globalen und nationalen Herausforderungen der Steuerpolitik im Mittelpunkt seiner Untersuchung: die bayerische Steuerpolitik. Zwar sprudeln die Einnahmen nur so ins Säckel von Finanzminister Söder – Überschuss 2015: über eine Milliarde Euro –, bloß könnten sie noch viel, viel höher sein: Denn die bayerische Steuerverwaltung ist trotz Neueinstellungen im vierstelligen Bereich chronisch unterbesetzt: „Wir verschenken Milliarden, das Geld liegt auf der Straße“, war die für Alts Buch titelgebende Aussage eines anonymen Finanzbeamten, der einen gigantischen Umsatzsteuerbetrug aufgedeckt hatte, aber wegen Überlastung nicht verfolgen konnte.

„Steuerbeamte bringen deutlich mehr Geld ein, als sie kosten“

Dass die bayerischen Oppositionspolitiker und Finanzexperten ihrer Fraktionen Herbert Kränzlein (SPD) und Thomas Mütze (Bündnis 90 / Die Grünen), ebenso wie Christoph Werwein, stellvertretender Vorsitzender der bayerischen Finanzgewerkschaft bfg, die gegenwärtige Politik des bayerischen Finanzministeriums auf Basis von Jörg Alts Erhebungen aufs Korn nehmen, war abzusehen. Dass sich – trotz mehrfacher Einladung – kein CSU-Landespolitiker fand, um sich den teils massiven Vorwürfen zu stellen, verwunderte ebenso wenig. Die Zahlen nämlich sprechen eine deutliche Sprache: Gab es 2003 im Freistaat 6.906 Großbetriebe, sind es 2016 37.067. Die Zahl der Finanzbeamten hingegen sank im gleichen Zeitraum von 15.143 auf nur mehr knapp 14.800. Für Pater Alt völlig unverständlich, denn: „Steuerbeamte bringen deutlich mehr Geld ein, als sie kosten“ –  Einwände der Politik – in diesem Fall der Regierungspartei CSU – „sind nicht überzeugend“.

Einwände, die auch Sebastian Brehm, der als Vorsitzender der Nürnberger Stadtratsfraktion der CSU immerhin eine kommunalpolitische Stimme verlieh, gar nicht erst bemühte. Stattdessen merkte der Steuerberater an, dass es viel zu wenig fähige Bewerber gebe, die die Ausbildung zum Finanzbeamten durchlaufen wollten. Auch wenn sich Brehm als Einziger der Runde kategorisch gegen vermögenssteuerliche Abgaben aussprach, stimmte er am Schluss in den großen Konsens in Sachen Personal ein.

Wenn die Bemühungen der Opposition und der Finanzgewerkschaften also nicht fruchten, die Finanzverwaltung in Bayern aufzuwerten, schafft es vielleicht Brehm mit seinen Rotstift-Notizen, Parteifreund und Finanzminister Markus Söder davon zu überzeugen, dass Steuerwettbewerb vielleicht kurzfristig, keinesfalls aber mittel- und langfristig, als Standortfaktor taugt und schlussendlich immer zu Lasten Dritter geht. Oder P. Alt mit seinem Buch, das am 17. Oktober erscheinen wird.

Von Steffen Windschall, Jesuitenmission

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