Argumentation: „Umweltsünden widersprechen Lehre der Enzyklika“
Zehn Flugstunden weiter nördlich ist „Laudato si“ in Honduras ein großes Thema. Zeitungskommentatoren nennen die Umweltaktivistin Berta Caceres gar die erste Märtyrerin der Enzyklika. Caceres, eine indigene Bürgerrechtlerin, die sich gegen ein Wasserkraftprojekt wehrte, wurde von Auftragsmördern mutmaßlich im Dienst eines nationalen Umweltunternehmens ermordet. Caceres argumentierte, das Wasserkraftwerk widerspreche der Lehre von „Laudato si“.
In Nicaragua führt die katholische Kirche das Lehrschreiben sogar als eines der Hauptargumente gegen den Bau des Milliardenprojekts „Nicaragua-Kanal“ an. Die Art und Weise, wie die sandinistische Regierung das Projekt gegen alle Proteste der indigenen Bevölkerung durchpeitsche, aber auch die zu erwartenden Umweltschäden sprächen dagegen. Managuas Weihbischof Silvio Jose Baez Ortega kommt daher zu der Einschätzung: „Der Nicaragua-Kanal steht den Lehren der Enzyklika entgegen.“
Drei Beispiele, die aufzeigen, wie sehr das Umweltschreiben von Franziskus die Arbeit und die Außendarstellung der katholischen Kirche in Lateinamerika verändert. Die Basis hat das Dokument inzwischen begeistert aufgenommen. Brillant nennt etwa der deutsche Pater Uli Kollwitz das Werk. Er arbeitet in der bettelarmen kolumbianischen Provinz Choco, in der verschiedene bewaffnete Gruppen den illegalen Bergbau kontrollieren.
Kollwitz muss täglich mitansehen, wie einer der schönsten und ökologisch wertvollsten Regenwälder durch Profitgier zerstört wird. Und in Mexiko berichtet Alberto Solis Castro, Leiter der Menschenrechtsorganisation „SERAPAZ“, von einer regelrechten Debattenkultur, die „Laudato si“ ausgelöst habe: „In den Gemeinden treffen sich die Leute, um über die Enzyklika zu diskutieren. Das ist ein großes Thema hier.“
Von Tobias Käufer (KNA)
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