Als langjähriger Bischof von Xingu und Präsident des CIMI, des Indigenen-Missionsrates der Brasilianischen Bischofskonferenz – von beiden Ämtern wurde er Ende 2015 entpflichtet – kämpfte Kräutler für die Rechte der Ureinwohner und der Landlosen im Amazonas und für den Schutz des Regenwaldes. 2010 wurde er dafür mit dem sogenannten Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet. Mehrere Mitarbeiter Kräutlers wurden ermordet; auch er selbst erhielt Morddrohungen. Bis heute steht er unter dauerndem Polizeischutz. Seinen allmorgendlichen Fünf-Kilometer-Spaziergang kann er deshalb nicht mehr am Fluss absolvieren, sondern nur noch im Haus.
1983 machte Kräutler international Schlagzeilen, als er während der Militärdiktatur von der Polizei verprügelt wurde. Er hatte sich mit Zuckerrohrschnittern solidarisiert, die fast ein Jahr auf ihren Lohn gewartet hatten. In ihrer Verzweiflung besetzten sie die zentrale Straße „Transamazonica“. Auch Kräutler, der zur Verhinderung einer Eskalation herbeigeeilt war, wurde als vermeintlicher Aufwiegler angegangen. Journalisten dokumentierten, wie er von Sicherheitskräften zu Boden geworfen und abtransportiert wurde.
„Lasst ihn los – er ist unser Bischof!“
Kräutler selbst meint, er habe damals nur seinen Job gemacht: Er sei bei den Menschen gewesen. Die scharten sich um ihn und schrien: „Lasst ihn los – er ist unser Bischof!“ Das war, sagt er rückblickend, „für mich wie eine zweite Bischofsweihe“. 1987 wurde er bei einem mysteriösen Autounfall schwer verletzt – als er sich dafür einsetzte, die Rechte der Indigenen in der neuen Verfassung zu verankern. Der Kampfeswille ist weiter da – auch die Empörung über Menschenrechtsverletzungen, soziale Missstände und das Riesenstaudammprojekt am Xingu-Fluss, durch das Zehntausende Menschen ihnen Lebensraum verlieren und die Natur weiträumig verwüstet wird.
Ende Dezember hat Franziskus „Dom Erwin“, einen der „Ghostwriter“ seiner vielbeachteten Umweltenzyklika „Laudato Si“, mit 76 Jahren in den Unruhestand entlassen. Seinen Kampf an der Seite der Indios und der Umweltschützer will er weiterkämpfen – wenn Kampf bedeutet, sich Unrecht entgegenzustellen.
Von Alexander Brüggemann (KNA)
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