Joachim Rüppel vom Missionsärztlichen Institut (MI) erklärte, der finanzielle Beitrag Deutschlands zur Entwicklungszusammenarbeit sei gemessen an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Landes zu gering. Es gebe keine erkennbare Aussicht, dass das Ziel erreicht werde, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe auszugeben. Immer seltener gebe es echte staatliche Zuschüsse, sondern solidarische Geldmittel würden durch Kredite ersetzt, kritisierte Rüppel. Er forderte, Institutionen wie den Globalen Fonds stärker zu fördern. Korruption sei nicht das größte Problem, sondern vielmehr die Tatsache, dass internationale Partner viele Regierungen zu wenig einbinden würden in Programme zur Stärkung von Gesundheitsdiensten.
„Basisgesundheitsdienste mit einbeziehen“
Die Direktorin des Deutschen Instituts für Ärztliche Mission in Tübingen (Difäm), Dr. Gisela Schneider, äußerte sich kritisch zu globalen Programmen, die die Gemeinden an der Basis nicht erreichten. Die Gesundheitssituation der Menschen in Ländern des Südens lasse sich nur verbessern, wenn gemeindegetragene Dienste und Einrichtungen eingebunden würden. Die Kirchen müssten ihre Partner bestärken, sich zu vernetzen, um Erfahrungsaustausch und gemeinsame Lobbyarbeit zu ermöglichen. Ellen Schmidt (Misereor) berichtete, das katholische Hilfswerk fördere verstärkt basismedizinische Ansätze. Sie erachtet es als notwendig, sich neuen Themen wie etwa der mentalen Gesundheit zuzuwenden.
Bei der vorangegangenen Tagung der Katholischen Missionierenden Orden zog Dr. Klemens Ochel vom Missionsärztlichen Institut in Würzburg eine Bilanz seiner Ebola-Einsätze in Liberia. „Wenn wir wirklich aus dieser Krise lernen wollen, dann muss der Weg aus der Krise als Gelegenheit verstanden werden, die nächste Krise vorzubereiten“, sagte er. Die Ortskirche und ihre sozial-caritativen Einrichtungen litten derzeit unter den wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Ebola-Epidemie. Sie sind weit davon entfernt, auf einen weiteren Ausbruch oder eine weitere Katastrophe antworten zu können.
Laut Ochel soll aktiv daran gearbeitet werden, dass die kirchlichen Werke in Zukunft besser auf den Ausbruch von hochansteckenden Krankheiten vorbereitet sind. Das solle durch Schulungen und Notfallpläne gewährleistet werden. Die missionierenden Orden wollten mit Partnereinrichtungen in Kontakt treten, um mit dem Missionsärztlichen Institut solche Notfallpläne zu entwickeln.
Auf besonderes Interesse seitens der Orden stieß laut dem Mediziner das Thema „Mentale Gesundheit“. Traumata wie Naturkatastrophen oder Gewalt in der Familie, aber auch Armut seien Ursache von psychischen Erkrankungen wie Depressionen. Da die Kirchen und ihre Gesundheits- und Sozialeinrichtungen immer öfter damit konfrontiert seien, müsse man sie auf diesem Gebiet besser unterstützen, befanden die Tagungsteilnehmer.
Nach Angaben von MI-Referent Piet Reijer betreibt die katholische Kirche weltweit die meisten Gesundheitseinrichtungen. In Zukunft werde die Behandlung von Patienten immer schwieriger, da sie für immer kompliziertere Behandlungen immer weniger Geld hätten. Auf viele Missionskrankenhäuser sieht der Mediziner schwere Zeiten zukommen. Es sei dringend notwendig, alternative Finanzierungsquellen zu erschließen. Eine Möglichkeit sei die engere Zusammenarbeit mit den Regierungen in Ländern des Südens oder der Aufbau von Krankenversicherungs-Systemen.
Die Tagung endete mit der Vorstellung der „Nürnberger „Erklärung“ für eine gesunde Zukunft der Menschheit.
Von Elke Blüml, Missionsärztliches Institut
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