Egal, wo und mit wem man in den vergangenen Monaten in Mali sprach: Den Zwangsschleier für Frauen, das Verbot von Musik und Zigaretten oder das Abhacken der Hand bei Diebstahl wollte niemand außer den radikalen Islamisten von Ansar Dine (Verfechter des Glaubens) und der Bewegung für Einheit und Jihad in Westafrika (MUJAO), die ab Mitte April 2012 immer weitere Gebiete im Norden besetzt hatten. Selbst viele Muslime glauben nicht, dass die Scharia so radikal ausgelegt werden darf.
Neue Flüchtlingsströme aus dem Norden
Doch obwohl sich die Islamisten zumindest fürs Erste aus einigen der eroberten Städte zurückgezogen haben, kommt es offenbar zu neuen Flüchtlingsströmen aus dem Norden. Die Hilfsorganisation World Vision geht davon aus, dass sich seit Beginn der Kämpfe weitere 10.000 Menschen auf den Weg gen Süden gemacht haben. Schon im vergangenen Jahr hatten mehrere hunderttausend Menschen die Region verlassen. Etwa die Hälfte ist in die Nachbarländer geflüchtet. Genaue Zahlen lassen sich kaum nennen. Wie Aly Diakite retten sich viele Menschen zu ihren Angehörigen. Sie statistisch zu erfassen, ist schwierig.
Hilfsorganisationen bemühen sich, diejenigen, die auf der Flucht alles verloren haben, zumindest mit dem Nötigsten zu versorgen. Nach Angaben von Willi Kohlmus, Leiter des Büros der Welthungerhilfe in Malis Hauptstadt Bamako, sollen 100.000 Euro für schnelle Hilfe bereitgestellt werden. Wer auf der Flucht alles verloren hat, soll unter anderem mit Kochgeschirr, Moskitonetzen und Decken ausgestattet werden. „Gerade in der Wüste wird es nachts sehr kalt“, so Kohlmus.
Von Katrin Gänsler