Dort hat Elise 20 Jahre lang gewohnt. Die Stadt im Norden ist ihre Heimat geworden. Zehn Jahre lang arbeitete sie dort in der Kirchengemeinde und somit für eine kleine Minderheit. Etwa 90 Prozent der Malier sind Muslime. Nördlich des Nigerflusses gelten die Christen als Zugezogene aus dem Süden. Trotzdem kann sich Elise nicht an echte Schwierigkeiten oder Zwischenfälle erinnern.
Flucht gen Süden
Anfang April änderte sich das. Als die Gruppe Ansar Dine (Verfechter des Glaubens) immer weiter vorstieß und die Region Schritt für Schritt von der MNLA eroberte, bekam Elise Angst. „Eines Nachts rief jemand: Jetzt holen sie die Christen.“ Eine Angst, wie sie sie vorher noch nie erlebt hatte. In aller Eile packte Elise die Koffer für sich und ihre Kinder; sie bekam eine Mitfahrgelegenheit auf einem LKW und kam am 4. April in Bandiagara an.
Dass der Islam in Mali als besonders tolerant gilt, bestätigt Jean-Jacques Mukanga. Der katholische Priester stammt aus der Demokratischen Republik Kongo und lebt seit acht Jahren in dem westafrikanischen Land. Auch er arbeitete mehrere Jahre in Gao, wo die Kirche etwa eine Schule betrieb. Nun ist alles geschlossen; eine Rückkehr ist in der momentanen Situation sehr unwahrscheinlich. Dabei ist Mukanga sicher: „In Mali gibt es weiterhin nur eine sehr kleine Gruppe, die einen strengen Islam und die Einführung der Scharia begrüßt.“ Die meisten der Befürworter seien nicht mal Malier, sondern angeheuerte ausländische Kämpfer.
Beten für eine friedliche Lösung
Nach dem Wunsch vieler Malier sollten diese ausländischen Kämpfer am besten mit einer Militärintervention vertrieben werden. In dem westafrikanischen Staat mit seinen rund 13 Millionen Einwohnern ist es das Diskussionsthema schlechthin. Vor allem die zögerliche Haltung der internationalen Gemeinschaft findet kein Verständnis mehr. Ein Krieg ist für den Priester Mukanga jedoch der letzte Ausweg. „Natürlich gäbe es die Chance, diesen zu gewinnen. Aber wir müssen uns auch darüber im Klaren sein, was wir anrichten und welche Folgen er haben wird. Könnten die Menschen anschließend wieder friedlich zusammenleben?“ Er hofft deshalb immer noch: Es muss sich eine friedliche Lösung finden lassen. Und genau dafür will er zu Weihnachten beten.
Von Katrin Gänsler