Keine Anhaltspunkte für sexuellen Missbrauch an Minderjährigen aber andere Grenzverletzungen

Kindermissionswerk veröffentlicht unabhängige Untersuchung zum Fall Pilz

Aachen ‐ Keine Anhaltspunkte für sexuellen Missbrauch an Minderjährigen in der Amtszeit von Winfried Pilz – Jedoch Grenzverletzungen gegenüber Erwachsenen in Macht- oder Abhängigkeitsverhältnissen – Empfehlungen der Untersuchung werden umgesetzt

Erstellt: 24.08.2023
Aktualisiert: 23.10.2023
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Das Kindermissionswerk ‚Die Sternsinger’ hat heute die Ergebnisse der externen, unabhängigen Untersuchung zur Amtszeit von Pfarrer Winfried Pilz der Jahre 2000 bis 2010 veröffentlicht. Mit der Untersuchung sollte etwaiges sexuell missbräuchliches Verhalten des ehemaligen Präsidenten in den Blick genommen werden. Der gesamte, rund 130 Seiten umfassende Bericht der Rechtsanwältin und Mediatorin Dr. Bettina Janssen, Köln, kann hier eingesehen werden: https://www.sternsinger.de/ueber-uns/untersuchung-zum-fall-pilz/

In der Untersuchung ergaben sich nach Angaben der Verfasser keine Anhaltspunkte dafür, dass Pilz während seiner Amtszeit sexuellen Missbrauch an Minderjährigen begangen hat. Es gebe jedoch im Hinblick auf vier erwachsene, (ehemalige) männliche Mitarbeiter des Kindermissionswerks Hinweise auf sexualbezogene Grenzverletzungen durch Pfarrer Pilz. In den Ergebnissen der Untersuchung sei deutlich geworden, dass Winfried Pilz über eine große Autorität und Machtfülle verfügte, die keiner wirksamen Kontrolle unterlag, so das Kindermissionswerk in einer Stellungnahme. Zudem habe es es damals für Mitarbeitende keine niederschwelligen Melde-, Beschwerde- oder Beratungsmöglichkeiten gegeben, um Missstände zu melden.

Schließlich dokumentiert die Untersuchung, auf welche Schwierigkeiten und Hindernisse Aufarbeitung bis heute in der Kirche stößt. Die Ergebnisse der Untersuchung enthalten konkrete Empfehlungen für das Kindermissionswerk, die umgesetzt werden sollen. Außerdem sind in der Untersuchung zahlreiche weitere Empfehlungen formuliert, die sich „nicht ausschließlich an das Kindermissionswerk, sondern an alle (richten), die sich mit der Problematik von Machtmissbrauch und sexualisierter Gewalt beschäftigen.“

Umgang mit Missbrauchstäter Wintz

Die Untersuchung beleuchtet auch den Umgang von Pfarrer Pilz und der weiteren Leitung des Kindermissionswerks mit dem aus dem Bistum Aachen stammenden Missbrauchstäter Pfarrer Dieter Wintz. Es werde deutlich, dass von Seiten des Kindermissionswerkes die ehrenamtliche Zusammenarbeit mit Wintz nach Missbrauchsvorwürfen bereits im Jahre 2003 hätte beendet werden müssen. Dies sei jedoch erst im Jahre 2006 geschehen, heißt es.

Pfarrer Dirk Bingener, Präsident des Kindermissionswerks, stellte bei der Übergabe des Gutachtens fest: „Mit dieser Untersuchung ist es Frau Dr. Janssen gelungen, ein genaues Bild des machtmissbräuchlichen Verhaltens von Winfried Pilz sowie der Faktoren zu zeichnen, die dies ermöglichten. Im Fall Dieter Wintz zeigt sie zudem auf, welche Versäumnisse diesbezüglich zu verantworten sind.“

Empfehlungen der Untersuchung für das Kindermissionswerk sollen umgesetzt werden

„Aufarbeitungsgutachten schließen ja nichts ab, sondern sie fordern die Umsetzung notwendiger Veränderungen ein. So werden wir die Empfehlungen im Gutachten, beispielsweise die Entwicklung eines umfassenden Verhaltenskodexes für Führungskräfte und Mitarbeitende sowie die Überprüfung und den Ausbau von Beschwerde- und Meldewegen, zusätzlich zu unseren bestehenden Maßnahmen forcieren“, so Bingener.

Die Erkenntnisse aus dem Gutachten führen zudem zu Empfehlungen, die über das Kindermissionswerk hinausgehen. So weisen sie unter anderem darauf hin, dass es mehr Personal in den Interventionsstellen der Bistümer braucht, eine engere und koordiniertere Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen kirchlichen Institutionen sowie weitere namentliche Aufrufe von Missbrauchstätern, damit Betroffene ermutigt werden, sich zu melden.

Bingener hebt in diesem Zusammenhang auch die weltkirchliche Perspektive hervor: „Wenn ein Täter weltkirchliche Kontakte hatte und Reisen unternommen hat, muss davon ausgegangen werden, dass es auch in den bereisten Ländern Betroffene geben kann. Ein wichtiger Schritt ist deshalb, die dort kirchlich Verantwortlichen über den jeweiligen Sachverhalt zu informieren“, so Bingener. In der Folge gehöre dazu auch die Unterstützung der Präventions-, Interventions- und Aufarbeitungsbemühungen vor Ort.

Das Kindermissionswerk hatte nach eigenen Angaben erstmals am 29. Juni 2022 durch einen öffentlichen Aufruf des Erzbistums Köln von den Vorwürfen erfahren. Parallel gab und gibt es an anderen Stellen weitere Untersuchungen zum Wirken von Peter Pilz.

weltkirche.de

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