Frere Alois Löser, Prior der Communaute von Taize, am 6. Januar 2023 unter den Kolonnaden des Petersplatzes im Vatikan.
Engländer wird Nachfolger

Taize-Prior Frère Alois tritt zurück

Taize ‐ Seit seinem 19. Lebensjahr lebt Frère Alois in Taize, 2005 übernahm er die Leitung der ökumenischen Bruderschaft. Für Dezember kündigte der 69-Jährige nun seinen Rückzug an.

Erstellt: 24.07.2023
Aktualisiert: 24.07.2023
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Der aus Deutschland stammende Frère Alois gibt sein Amt als Leiter der christlichen Taize-Gemeinschaft ab. Wie die international bekannte ökumenische Bruderschaft mit Sitz in Burgund am Sonntagabend mitteilte, übergibt der 69-Jährige zum Jahresende das Amt des Priors an seinen anglikanischen Mitbruder Frère Matthew (58).

Der Engländer soll die Aufgabe zum Ersten Advent (3. Dezember) übernehmen, dem Beginn des Kirchenjahres. Zwar unterliege der Prior von Taize keiner Amtszeitbegrenzung, erläuterte Frère Alois. Doch nach 18 Jahren an der Spitze der Gemeinschaft sei es an der Zeit, einen jüngeren Bruder zu ernennen: „Ich halte es für angebracht, meine Aufgabe abzugeben, solange ich nicht durch äußere Umstände dazu gezwungen bin und ich diesen Übergang in Ruhe vorbereiten kann.“

Vielfältige Talente

Der am 11. Juni 1954 in Ehingen am Ries geborene Alois Löser wuchs in Stuttgart auf. Seit seinem 19. Lebensjahr lebt der Katholik in Taize. Damals, in den frühen 1970er Jahren, fanden dort die ersten großen europäischen Jugendtreffen statt. 2005 rückte Frère Alois an die Stelle des durch ein Messerattentat getöteten protestantischen Gründers und Priors, Frère Roger Schutz (1915-2005); dieser hatte seine Nachfolge lange zuvor festgelegt.

Über viele Jahre war Frère Alois Koordinator und Quartiermeister für die europäischen Taize-Treffen. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit waren nach der politischen Wende von 1989 zahlreiche Reisen nach Mittel- und Osteuropa, wo die Gemeinschaft in den 90er Jahren mehrere Anlaufstationen für Menschen in Not einrichtete.

Frère Alois studierte in Lyon Theologie, ist aber kein Priester. In Taize organisierte er unter anderem die großen Jugendtreffen. Daneben komponierte er einige der geistlichen Gesänge. Ein Erfolgsgeheimnis der Gemeinschaft von Taize sieht Frère Alois in ihrer Einfachheit und im gemeinsamen Gebet. Kennzeichnend ist nach seinen Worten die gemeinsame Ausrichtung auf Gott.

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Beliebter Treffpunkt für Menschen aus aller Welt

Nachfolger Frère Matthew (Andrew Thorpe) wurde am 10. Mai 1965 im englischen Pudsey geboren. Das Mitglied der anglikanischen Kirche trat 1986 in die Communaute von Taize ein. „Ich habe volles Vertrauen, dass er die Kontinuität sicherstellen, die geeigneten Initiativen ergreifen und damit unserer Communaute helfen wird“, so Frère Alois.

Der in den 1940er Jahren gegründeten Taize-Bruderschaft gehören aktuell etwa 100 Männer an, die aus unterschiedlichen christlichen Kirchen stammen. Sie verpflichten sich zu Ehelosigkeit, einfachem Lebensstil und regelmäßigem Gebet.

Taize wurde in den vergangenen Jahrzehnten zu einem beliebten Treffpunkt für christliche Jugendliche aus Frankreich, Deutschland und ganz Europa. Jährlich kommen Tausende Kinder, Jugendliche und Familien für teils mehrwöchige Aufenthalte, die von Gebet, Gottesdienst und religiösem Austausch geprägt sind. Bekannt ist die Gemeinschaft auch für ihre eingängigen religiösen Lieder.

Missbrauchsfälle auch in Taize

2019 geriet Taize in eine Krise, als bekannt wurde, dass Mitglieder der Bruderschaft sexuelle Übergriffe begangen hatten. Zuletzt versicherte die Gemeinschaft im Dezember, weiter entschieden gegen alle Formen geistlichen und sexuellen Missbrauchs vorgehen zu wollen. In einer Erklärung drückte Prior Frère Alois sein Bedauern darüber aus, dass „der Mangel an Transparenz und Entschiedenheit im Umgang mit diesen Fällen“ den Schmerz Betroffener noch verstärkt habe. „Das Geschehene ist für uns unannehmbar und skandalös und bewahrt uns vor jeglicher Idealisierung unserer Gemeinschaft“, betonte er.

Taize

Taize ist ein Symbol der ökumenischen Bewegung. Der Ort im südlichen Burgund ist Sitz einer christlichen Gemeinschaft und wurde zum Treffpunkt für Jugendliche aus aller Welt. Der Bruderschaft gehören rund 100 Männer aus etwa 30 Ländern an, die aus der evangelischen und katholischen Kirche stammen. Von ihnen lebt etwa ein Viertel in kleinen Gemeinschaften in Asien, Afrika und Südamerika. Diese Brüder teilen ihr Leben mit Straßenkindern, Gefangenen, Sterbenden und Einsamen.

Geleitet wird die Bruderschaft vom deutschen Katholiken Frère Alois (69), der 2005 Nachfolger von Frère Roger (1915-2005) wurde; der gebürtige Schweizer hatte 1944 in Taize die Gemeinschaft gegründet. Am Sonntag kündigte Frère Alois an, die Leitung der Communaute zum Advent an den englischen Anglikaner Frère Matthew abzugeben.

Die Gemeinschaft von Taize setzte sich nach dem Zweiten Weltkrieg eine Aussöhnung zwischen den Konfessionen, europäische Verständigung und einen einfachen Lebenswandel zum Ziel. 1949 legten sieben Männer Ordensgelübde ab. Sie versprachen Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam.

Die Gemeinschaft von Taize setzte sich nach dem Zweiten Weltkrieg eine Aussöhnung zwischen den Konfessionen, europäische Verständigung und einen einfachen Lebenswandel zum Ziel. 1949 legten sieben Männer Ordensgelübde ab. Sie versprachen Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam.

Die Gemeinschaft, die bald Freunde in unterschiedlichen Kirchen und zahlreichen Ländern Europas hatte, hat seit 1962 eine Versöhnungskirche, die seither der Mittelpunkt von Taize ist. Die Bruderschaft gründete Niederlassungen in mehreren Ländern und nahm 1969 erstmals auch katholische Brüder auf. Schwerpunkt der Arbeit ist – neben der Ökumene – Solidarität mit den Armen und Rechtlosen in der Welt.

Seit im August 1974 in Taize Zehntausende zu einem „Konzil der Jugend“ zusammenkamen, veranstalten die Brüder regelmäßig Jugendtreffen in allen Teilen der Welt. Jährlich findet zudem über Silvester in einer europäischen Stadt ein Taize-Treffen statt, zuletzt in Riga, Basel, Wroclaw (Breslau), Turin und Rostock. Für den Jahreswechsel 2023/24 ist es in Ljubljana/Slowenien geplant.

Von Alexander Pitz und Alexander Brüggemann

KNA

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