Diözese erkennt Missbrauchsfall an

Vorwürfe gegen „Entwicklungshelfer“ wegen Missbrauchs in Afrika

Heilbronn  ‐ Ein 62jähriger Mann aus Deutschland sitzt seit Februar in Kenia in Haft. Er soll dort Minderjährige missbraucht haben.

Erstellt: 29.04.2023
Aktualisiert: 03.05.2023
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Der Verein „Karunga – Ländliche Entwicklung Kenia“ zeigt sich schockiert über das Ausmaß eines Falles sexuellen Kindermissbrauchs in dem afrikanischen Land. Ein Mann, der sich in Kenia vor Gericht verantworten muss, sei von dem Heilbronner Verein bis 2021 finanziell unterstützt worden, erklärte der Karunga-Vorsitzende Peter Seitz am Freitag.

Trotz bekannter Vorwürfe sei das vom mutmaßlichen Täter entwickelte Projekt zunächst weiter gefördert worden, so Seitz: Der Kindesmissbrauch wäre „durch unseren Rückzug aus dem Projekt nicht vermieden worden“. Vielmehr hätten Kontakte zu afrikanischen Mitarbeitern der Farm dazu beigetragen, dass es zur Anzeige gekommen sei.

Nach Recherchen von SWR und „Spiegel“ sitzt der 62-Jährige seit Februar in Haft. Er soll von 2006 bis 2023 mindestens zehn Minderjährige teils über Jahre missbraucht oder sexuell ausgebeutet haben. Vor Gericht beteuerte er seine Unschuld. Anfragen von SWR und „Spiegel“ beantwortete der Anwalt des Mannes nach Angaben beider Medien nicht. Sie zitieren einen Zeugen mit der Aussage, in den 1980er Jahren missbraucht worden zu sein. Nach diesen Informationen war der Zeuge Ministrant in einer Heilbronner Pfarrei, der Mann dort Oberministrant.

Die Diözese Rottenburg-Stuttgart habe den Fall als Missbrauch anerkannt und rund 5.000 Euro gezahlt. Nach diesen Informationen hatten das Dekanat Heilbronn-Neckarsulm und die Diözese früher das Projekt des Mannes beworben.

Auch das Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ gab dafür zwischen 2004 und 2016 rund 280.000 Euro. Wie das Hilfswerk auf Anfrage mitteilte, setzte es nach Informationen über möglichen Missbrauch im Januar das Bundeskriminalamt über den Verdacht in Kenntnis. Danach sei der Mann verhaftet worden. Das Hilfswerk gab an, dass sich 2017 eine Person nach Aachen gewandt und über möglichen Missbrauch berichtet habe.

Als Reaktion sei ein Gutachten beauftragt worden, das auch wegen politischer Unruhen zunächst nicht habe erstellt werden können. 2018 hätten zwei Anwältinnen in einer Studie mögliche Risiken in dem Projekt aufgezeigt, aber keine konkreten Anhaltspunkte für sexualisierte Gewalt genannt. Die kenianischen Behörden hätten trotz Nachfrage nicht auf die ihnen übermittelte Untersuchung reagiert. Spätestens bis 2019 sei Karunga informiert worden, so das Kindermissionswerk.

KNA