Papst Franziskus blickt durch ein Fenster des Apostolischen Palasts auf den leeren Petersplatz am 10. Mai 2020 im Vatikan.
Erlass tritt am 30. April in Kraft

Papst verschärft Regeln gegen Missbrauch

Vatikanstadt ‐ Vier Jahre nach ihrer Veröffentlichung werden die Vorgaben zur Missbrauchs-Prävention in der katholischen Kirche erneut überarbeitet. Das von Hans Zollner SJ geleitete Kinderschutz-Institut in Rom begrüßt den Schritt.

Erstellt: 27.03.2023
Aktualisiert: 27.03.2023
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Papst Franziskus hat die Vorschriften zur Bekämpfung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche verschärft. Am Samstag veröffentlichte der Vatikan einen entsprechenden Erlass (Motu Proprio) des Papstes in italienischer Sprache. Dabei handelt es sich um eine Aktualisierung und Zusammenführung der seit 2019 geltenden Normen mit dem Namen „Vos estis lux mundi“ („Ihr seid das Licht der Welt“). In dem neuen Erlass wird genauer geregelt, wie im Fall von Missbrauchs-Verdachtsfällen vorzugehen und wer, wann, wofür zuständig ist.

Die Regeln in der aktualisierten Fassung gelten nun nicht mehr nur für Kleriker und Angehörige von Ordensgemeinschaften, sondern auch für Laien, „die Leiter sind oder waren von internationalen Vereinigungen von Gläubigen, die vom Apostolischen Stuhl anerkannt oder gegründet wurden“. Auch sie machen sich nun strafbar, wenn sie durch „ihre Handlungen oder Unterlassungen die kanonischen und zivilrechtlichen Ermittlungen“ gegen mutmaßliche Straftäter behindern oder umgehen. Mit dieser Erweiterung reagiert der Papst auf Verdachtsfälle in sogenannten geistlichen Bewegungen, die nicht von Klerikern, sondern von Laien geführt werden.

Neuer Erlass benennt schutzbedürftige Erwachsene ausdrücklich

Eine weitere Änderung in dem Papst-Erlass betrifft die Aufnahme von „schutzbedürftigen Erwachsenen“ in die Vorschriften. In der vorherigen Version von 2019 waren „sexuelle Handlungen mit einem Minderjährigen oder einer Person mit geistiger Behinderung“ aufgeführt. Das Dokument definiert „schutzbedürftiger Erwachsener“ als „jegliche Person, die sich in einem Zustand der Gebrechlichkeit, der körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung oder des Entzugs der persönlichen Freiheit befindet, die ihre Einsichts- oder Willensfähigkeit oder ihre Fähigkeit, sich der Straftat zu widersetzen, dauerhaft oder vorübergehend faktisch einschränkt“.

Konkretisiert wurden auch die Regelungen zu Anlaufstellen für Betroffene und Meldende von möglichen Missbrauchsfällen. Bistümer müssen nun leicht zugängliche „Einrichtungen oder Ämter“ zur Verfügung stellen. Die Vorgängerversion hatte nur die Einrichtung von dauerhaften „Systemen“ gefordert. Zeugen von mutmaßlichem Missbrauch dürfen gemäß dem neuen Motu proprio nicht zur Verschwiegenheit verpflichtet werden. Diese Regel galt bislang nur für mögliche Betroffene. Die Untersuchungen der gemeldeten Vorfälle müssen von dem Bischof oder jeweiligen Inhaber der kirchlichen Leitungsgewalt an dem Ort durchgeführt werden, an dem die mutmaßlichen Taten stattgefunden haben.

Der aktualisierte Papst-Erlass „Vos estis lux mundi“ ist Ergebnis einer knapp vierjährigen Erprobungsphase und Beratungen mit Bischöfen und Vatikanbehörden. Er tritt am 30. April in Kraft.

Kinderschutz-Institut begrüßt verschärftes Anti-Missbrauchs-Gesetz der Kirche

Das von dem deutschen Kinderschutzexperten und Jesuiten Hans Zollner geleitete Institut für Anthropologie - Interdisziplinäre Studien zu Menschenwürde und Sorge für schutzbedürftige Personen  an der päpstlichen Universität Gregoriana begrüßt das verschärfte Gesetz gegen Missbrauch in der katholischen Kirche. Besonders die bessere Definition von Verantwortlichkeiten und die Ausweitung der Regeln auch für Laien, seien begrüßenswerte Ergänzungen der Verfahren zur Missbrauchsprävention, heißt es in einer Stellungnahme des Instituts.

„Wir freuen uns darauf, in den kommenden Monaten zu sehen, wie diese aktualisierte Fassung von ‚Vos Estis Lux Mundi' wirksam umgesetzt wird, damit die Kirche weltweit ein sicherer Ort für alle Menschen, insbesondere für Kinder und gefährdete Personen, sein kann“, heißt es in der Stellungnahme weiter. Zugleich bekundeten die Mitarbeitenden ihre Bereitschaft, bei der Ausbildung von kompetentem Personal für Diözesen, Ordensgemeinschaften und kirchliche Bewegungen mitzuwirken.

KNA/dr

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