Zweite Kriegsweihnacht in Myanmar – Christen leiden unter Gewalt
Kanonendonner statt Weihnachtslieder

Zweite Kriegsweihnacht in Myanmar – Christen leiden unter Gewalt

Yangon ‐ In Myanmar herrscht Bürgerkrieg. Mit aller Gewalt bekämpft die Junta den Widerstand gegen das Regime. Stark betroffen vom Krieg sind die überwiegend christlichen Regionen des mehrheitlich buddhistischen Myanmar.

Erstellt: 22.12.2022
Aktualisiert: 22.12.2022
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Von Michael Lenz (KNA)

Mehr als 300 Häuser sind am 14. Dezember bei einem Militärangriff auf das katholische Dorf Chan Thar in der myanmarischen Region Sagaing zerstört worden. Das war der dritte Angriff auf das Dorf in sieben Monaten. In Sagaing und Myanmars überwiegend christlichen Unionsstaaten Chin, Kachin, Kayah und Karen sind in der Weihnachtszeit Geschützdonner und Kampfbomber zu hören statt Glockengeläut und Weihnachtslieder. Das berichteten Priester und Bischöfe der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

In manchen Gebieten greift das Militär auch Kirchen an, in anderen sind Gotteshäuser noch verschont geblieben. „Wir danken Gott, dass Kirchen, Klöster und andere kirchliche Einrichtungen bisher nicht beschädigt wurden. Ausnahme ist die Stadt Thantlang, wo ein Kloster, ein Pfarrhaus und zwei von der Kirche betriebene Gästehäuser niedergebrannt wurden“, teilt Bischof Lucius Hre Kung von Hakha per Email mit. Von den einstmals rund 2.700 Gebäuden in Thantlang steht nach Offensiven der Armee von Anfang 2022 so gut wie keines mehr, wie im Internet veröffentlichte Luftaufnahmen zeigen. Sie wurden verbrannt, und die Einwohner sind geflohen. „Die Stadt ist verlassen“, berichtet der Bischof.

In Sagaing wurden Tausende Häuser in vielen Dörfern abgefackelt, darunter in historischen katholischen Siedlungen. Die Taktik der verbrannten Erde setzt die Armee seit Jahrzehnten zur Unterdrückung, Einschüchterung und Bestrafung der ethnischen Minderheiten ein, die seit gut 70 Jahren für Autonomie oder gar Unabhängigkeit kämpfen.

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Sagaing in Zentral-Mayanmar ist das Kernland der Bama, der ethnischen Mehrheit des Landes, wie auch des birmanischen Buddhismus; aber auch des Katholizismus. Der geht auf portugiesische Seefahrer aus dem 16. und 17. Jahrhundert zurück. Beunruhigt musste die Junta wahrnehmen, dass selbst die Bama sich dem Widerstand gegen deren Putsch vom 1. Februar 2021 angeschlossen haben, und umso härter und brutaler schlägt das Regime in Sagaing zurück. „In drei der neun Gemeinden in Sagaing gibt es keine Häuser mehr. Lediglich die Ruinen der schwer beschädigten Kirchen, Pfarrhäuser und Klöster stehen noch“, sagt Erzbischof Marco Tin Win von Mandalay der KNA, zu dessen Erzbistum Sagaing gehört. „In den anderen sechs Pfarreien leben die Dorfbewohner in Angst und Schrecken. Es wird keine Weihnachtsfeiern geben“, fügt der Erzbischof hinzu.

Noch schlimmer ist die Lage in Kayah. Dort wurden im Bistum Loikaw bereits zehn Kirchen, sieben Klöster, ein Tagungszentrum und zwei Häuser für angehende Priester durch den Beschuss der Armee schwer beschädigt. 180.000 Menschen - mehr als die Hälfte der Bevölkerung von Kayah - sind vor der Gewalt geflohen. „66.000 Flüchtlinge sind Katholiken, das sind zwei Drittel aller Katholiken des Bistums Loikaw. 23 der 39 Gemeinden sind verlassen“, berichtet Pater Francis Soe Naing von der Sozialkommission des Bistums.

Ob Kayah, Sagaing oder Chin – die Versorgung der vielen Zehntausend Binnenvertriebenen mit humanitärer Hilfe ist schwierig bis unmöglich. In Kayah hätten Hilfsorganisationen wie die katholische Caritas zwar Zugang zu den Lagern im Dschungel, aber der Weg dorthin sei für die Hilfskräfte gefährlich, weiß Francis Soe Naing. Nach der Festnahme von Ärzten und Pflegekräften des Karuna Hospitals der Caritas in Loikaw im November 2021 sei auch die letzte funktionierende medizinische Einrichtung in Kayah geschlossen worden. „Die Ärzte und Pfleger arbeiten jetzt im Untergrund.“ Noch dramatischer ist die Lage in Sagaing. „Wir können den Binnenvertriebenen keine Hilfe leisten. Wir können nicht einmal frei reisen. Die Straßen zu den Dörfern sind gesperrt“, berichtet Erzbischof Marco Tin Win.

In den Bürgerkriegsgebieten verzichten die Katholiken zu Weihnachten auf Feiern, Lichterglanz, Weihnachtslieder und Christbäume. „Wir werden fröhlich ein einfaches, aber echtes Weihnachten mit Christus in unserer Mitte feiern“, sagt Pater Celso Ba Shwe, Administrator des Bistums Loikaw. „Viele Priester bereiten sich darauf vor, Weihnachten mit den Gläubigen in den Vertriebenenlagern zu verbringen. Ich selbst werde Weihnachten mit den Vertriebenen in einem abgelegenen Dorf feiern.“

KNA