Flagge von El Salvador als Wandbild
Bild: © pixs:sell
Selbst katholische Bischöfe sind uneins

El Salvador streitet um Wiederwahlwunsch von Präsident Bukele

San Salvador ‐ Mit seiner indirekten Unterstützung der Regierung ist San Salvadors Erzbischof in den Fokus der innenpolitischen Debatte geraten – und steht nun zwischen Lob vom Präsidenten und Kritik von Opposition und Mitbrüdern.

Erstellt: 28.09.2022
Aktualisiert: 27.09.2022
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In El Salvador ist es beinahe eine Tradition: Jeden Sonntag nach dem Gottesdienst stellt sich die katholische Kirche den Fragen der Journalisten und fast immer geht es in der Presserunde um Themen wie Innenpolitik, Klimaschutz oder Migration. An diesem Wochenende aber löste San Salvadors Erzbischof Jose Luis Escobar Alas ein kleines mediales Erdbeben aus, denn seine Äußerungen wurden als eine Rückendeckung für die umstrittenen Pläne von Präsident Nayib Bukele interpretiert. Der will sich 2024 erneut zur Wahl stellen, obwohl dies eigentlich nicht von der Verfassung gedeckt ist. „Das Volk will, dass Präsident Bukele wiedergewählt wird“, sagte Escobar Alas laut „La Prensa Grafica“.

So falsch ist das nicht. Laut Umfragen, deren Wahrheitsgehalt nicht unabhängig überprüft werden können, liegen Bukeles Zustimmungswerte bei über 80 Prozent. Grund dafür ist vor allem sein knallhartes Durchgreifen gegen die gefürchteten Mara-Gangs mit Hilfe eines bereits mehrfach verlängerten Ausnahmezustandes. Rund 50.000 Verdächtige – identifiziert anhand ihrer Gang-Tätowierungen – sind bereits in Haft. Die Mordrate sei seitdem spürbar zurückgegangen, die Sicherheitslage habe sich verbessert, behauptet die Regierung. Die Familienangehörigen von – nach eigenen Angaben – zu Unrecht Verhafteten hatten am Sonntag um Unterstützung der Kirche gebeten.

Die Äußerungen des Erzbischofs schlugen so hohe Wellen in El Salvador, dass sich Escobar Alas am Montag (Ortszeit) noch einmal via YouTube an seine Landsleute wandte und klarstellte, er habe nur wiedergegeben, was in den Medien täglich zu lesen sei; nämlich dass es eine hohe Zustimmung für die Politik des Präsidenten gebe und eine Wiederwahl möglich sei.

Escobar rudert zurück

„Ich habe mich nicht im Sinne einer Zustimmung oder Ablehnung einer solchen Möglichkeit geäußert, weil es nicht in meiner Verantwortung liegt, dies zu tun“, sagte Escobar Alas. Innerhalb der Kirche in El Salvador tobt offenbar auch ein kleiner Machtkampf zwischen dem als eher konservativ geltenden Erzbischof und dem eher progressiven Kardinal Gregorio Rosa Chavez, der sich zuletzt kritisch zur Politik Bukeles äußerte.

Nun aber ist eine Einschätzung Escobars in der Welt und in der politischen Debatte. Dina Argueta, Abgeordnete der oppositionellen linksgerichteten FMLN, erklärte, die Worte des Erzbischofs stimmten traurig. Es sei allerdings nicht die Stimme der Katholiken, sondern nur die des Geistlichen. Andy Feiler von der Partei „Nuestro Tiempo“ (Unsere Zeit) erklärte, Escobars Äußerungen seien „beschämend“ und ein Beleg für die schlechte Führung der Kirche in El Salvador. Dagegen stellte sich Präsident Bukele wenig überraschend höchst persönlich hinter den Erzbischof. Der sei das Ziel von Attacken der Opposition, weil er ein Andersdenkender sei, so Bukele.

Kein klares Programm

Die umstrittenen Wiederwahlabsichten Bukeles haben eine Vorgeschichte. Im Februar 2021 gewann dessen Partei „Nuevas Ideas“ (Neue Ideen) bei den Parlamentswahlen 56 von 84 Sitzen. Prompt stimmte die neue Mehrheit der Amtsenthebung aller Richter des Obersten Gerichtshofes sowie des Generalstaatsanwaltes zu. „Dieser Frontalangriff auf die Judikative ließ schon damals alle demokratischen Alarmglocken läuten“, sagt Elisabeth Maigler, Projektleiterin Zentralamerika der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). „Zahlreiche nationale wie internationale Stimmen äußerten berechtigte Sorge im Hinblick auf Demokratie und Stabilität in El Salvador und mahnten die Wahrung der Gewaltenteilung als Grundlage einer stabilen Demokratie an.“

Eine klare Programmatik sei bei „Nuevas Ideas“ allerdings ebenso wenig erkennbar wie eine Orientierung in eine bestimmte Richtung des politischen Spektrums: „Die willkürlichen, oft per Twitter kommunizierten Entscheidungen von Präsident Bukele dienen lediglich eigenen Interessen, dem puren Machtausbau“, sagt Maigler. Je nach Interessenlage hätten sie eine eher konservative oder eher sozialistische Couleur. Damit erschwerten sie laut der Expertin die Einschätzung nächster autokratischer Schritte, die der Präsident fähig sei, auf dem Weg zur Wiederwahl zu gehen.

Von Tobias Käufer (KNA)