Renovabis-Chef fordert Friedenstruppen für Armenien
Freising ‐ „Die armenische Bevölkerung und ihr kulturelles Erbe sind gefährdet“, ist Professor Thomas Schwartz, der Hauptgeschäftsführer des Osteuropa-Hilfswerks Renovabis, besorgt. Dies gelte seit der jüngsten Eskalation des Konfliktes mit Aserbaidschan nicht mehr nur für die Region Bergkarabach, sondern immer mehr auch für das Kernland.
Aktualisiert: 08.02.2023
Lesedauer:
„Wir müssen aufpassen, dass Armenien mit den dort lebenden Christinnen und Christen in ihrer bis auf das dritte Jahrhundert zurückreichenden Apostolischen Kirche und deren kostbaren Kulturzeugnissen nicht zwischen der Türkei und Aserbaidschan aufgerieben werden,“ mahnt der Renovabis-Chef mit Blick auf die schwierige Position des Landes.
„Es schmerzt mich, dass Waffengewalt über Diplomatie und Dialog zu siegen scheint“, zeigt sich der Geistliche resigniert angesichts des ständigen Bruches des von Russland vermittelten Waffenruhe zwischen Armenien und Aserbaidschan und des enormen Eskalationspotentials im Kaukasus. Er sieht in dieser Weltgegend am Rande Europas die Armenier in einer besonders schwierigen Situation: „Sie werden aus Bergkarabach vertrieben, armenisches Kulturgut wird zerstört und nun müssen sie angesichts der militärischen Eskalation um Leib und Leben fürchten.“ Für Schwartz verliert die Menschheit mit der Zerstörung von Erinnerungsstätten und von Kirchen der unwiederbringlich bedeutende und einmalige Kulturdenkmäler.
In einer Stellungnahme ruft Renovabis daher die Weltgemeinschaft, „von den Vereinten Nationen, der OSZE und der EU“ auf, sich in der Region zu engagieren. Die Europäische Union warnt Schwartz jedoch angesichts des Gas-Deals mit Baku vor einer Doppelmoral. „Eine zunehmende Energieabhängigkeit der EU von Aserbaidschan darf nicht dazu führen, dass die aktuelle Aggression, die Menschenrechte und drohende Zerstörung von armenischen Kulturgütern ohne Kritik bleiben.“ Vielmehr müsse der Einfluss der EU und die wirtschaftlichen Verbindungen zum Land am Kaspischen Meer genutzt werden, um zu Deeskalation und Befriedung beizutragen. „OSZE-Friedenstruppen könnten ein gutes Instrument sein“, so Schwartz. Dem dürfte sich auch die EU nicht verschließen.
Das Osteuropa-Hilfswerk sieht sich auch selbst gefordert, macht Schwartz deutlich, der am Mittwoch zu einer Projektreise ins benachbarte Georgien aufbrechen wird. Renovabis sei bereit, den mehreren Tausend armenischen Binnenflüchtlingen zu helfen, hieß es. Das war zuletzt auch 2020 durch Nothilfe in Kooperation mit Caritas International und deren kirchlichen armenischen Einrichtungen geschehen. Mit Blick auf den bevorstehenden Winter und die schwierige wirtschaftliche, wie soziale Situation im Land sei das besonders dringlich, so Renovabis. „In den umkämpften Gebieten ist die beißende Kälte eine weitere unbarmherzige Kriegspartei“, berichtet Thomas Schwartz.