Jahrestagung Weltkirche und Mission
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Jahrestagung Weltkirche und Mission 2015

Würzburg ‐ 2015 jährt sich das Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils zum fünfzigsten Mal. Aus diesem Anlass wurde auf der Jahrestagung Weltkirche und Mission 2015 an diesen „ersten amtlichen Selbstvollzug der Kirche als Weltkirche“ (K. Rahner) erinnert.

Erstellt: 11.07.2022
Aktualisiert: 03.08.2022
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Die Jahrestagung Weltkirche und Mission 2015 fand vom 15. bis 17. Juni 2015 in Würzburg statt. Mit Blick auf das 50-jährige Jubiläum des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965) stand sie unter dem Motto „Spiritualität und Solidarität. Konziliarer Aufbruch in die Welt-Kirche“.

Über ein halbes Jahrhundert her und immer noch auf der Tagesordnung: Das Zweite Vatikanische Konzil hat in der Weltkirche eine ganz besondere Dynamik entfaltet. Daran erinnerte die Jahrestagung Weltkirche und Mission 2015 in Würzburg.

Bischöfe sitzen in der Konzilsaula im Vatikan
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Kirche im Aufbruch

Würzburg ‐  Das Feuer des Zweiten Vatikanischen Konzils ist noch nicht erloschen.“ Diese Auffassung hat der Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Kardinal Kurt Koch , während der Jahrestagung Weltkirche und Mission in Würzburg vertreten. Als einen bis heute gültigen Auftrag des Konzils sieht Kardinal Koch das Herausarbeiten des missionarischen Wesens der Kirche. In dieser Tradition stehe in besonderer Weise Papst Franziskus, der die Kirche zu einem „permanenten Zustand der Mission“ ermutige.

Anlass für die lebendige Erinnerung an das Konzil bot das 50. Jubiläum des Konzilsendes, das in diesem Jahr begangen wird. Unter dem Titel „Spiritualität und Solidarität. Konziliarer Aufbruch in die Weltkirche“ erinnerte die Jahrestagung Weltkirche und Mission vom 15. bis 17. Juni 2015 in Würzburg insbesondere an die globale Wirkungsgeschichte dieses weltkirchlichen Ereignisses. Referenten aus Afrika, Asien, Lateinamerika und Osteuropa berichteten von der Umsetzung der Konzilsbeschlüsse in ihren Kontexten – sei es im Bereich der Liturgie, der Ökumene, des interreligiösen Dialogs oder des gesellschaftspolitischen Engagements –, um so Impulse für das pastorale Handeln in Deutschland zu geben.

„Beim Konzil wurde deutlich, dass die Kirche eine weltweite Lerngemeinschaft ist – und dieser Lernprozess dauert bis heute an. Spiritualität und Solidarität sind nicht nur für das Konzil Leitideen gewesen, sondern bis heute Orientierung und Richtschnur für kirchliches Handeln“, betonte Erzbischof Dr. Ludwig Schick (Bamberg), Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz.

Der tschechische Theologe und Religionsphilosoph Prof. Dr. Tomáš Halík (Prag) unterstrich, dass „das Konzil weitergeführt werden muss. Das ist ein bleibender Auftrag für die Kirche“. Die Kirche sei heute nicht minder zum Aufbruch herausgefordert und müsse Wege finden, die Botschaft des Evangeliums in den säkularen europäischen Gesellschaften verständlich und attraktiv zu machen.

Die Jahrestagung Weltkirche und Mission wurde gemeinsam von der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz und der Konferenz Weltkirche , in der die unterschiedlichen weltkirchlichen Akteure in Deutschland zusammenarbeiten, ausgerichtet. Die Tagung ist Teil der vielfältigen Aktivitäten der katholischen Kirche in Deutschland, 50 Jahre nach Ende des Konzils die Erinnerung an die wegweisenden Entscheidungen dieser Kirchenversammlung wachzuhalten und für die heutige Zeit zu aktualisieren.

Von DBK

Hintergrund

Das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965) ist das wichtigste kirchliche Ereignis des 20. Jahrhunderts. Es leitete umfangreiche Reformen der katholischen Kirche ein. Dazu zählen Gottesdienste in der Muttersprache, die Anerkennung der staatlichen Religionsfreiheit, ein stärkeres Miteinander der christlichen Konfessionen (Ökumene) und der Dialog mit nichtchristlichen Religionen. Das Konzil war die bisher letzte Versammlung, bei der alle katholischen Bischöfe Beschlüsse fassten. Stimmberechtigt waren rund 2.800 Mitglieder.

Papst Johannes XXIII. (1958–1963) kündigte das Zweite Vatikanum kurz nach seiner Wahl an – mit dem Ziel einer Vertiefung des Glaubens und einer Erneuerung der Kirche in die moderne Welt (italienisch: „aggiornamento“). Die Versammlung, die am 11. Oktober 1962 begonnen hatte, endete am 8. Dezember 1965 unter Papst Paul VI. In vier Sitzungsperioden von jeweils drei Monaten erarbeiteten die Konzilsväter 16 Dokumente: 4 Konstitutionen, 9 Dekrete und 3 Erklärungen. Schlüsseltexte sind die Konstitutionen. (stz/KNA)

Teilnehmerbericht

Melodie des Glaubens

Würzburg ‐  Melodie des Glaubens – so könnte man den letzten Tag der Jahrestagung überschreiben, denn wir begannen mit dem Morgenlob, gestaltet von der Deutschen Ordensobernkonferenz DOK, wo kräftiges Orgelspiel und unsere Stimmen sich zum Lob Gottes erhoben. Wären nur immer so viele gute und begeisterte Sänger in einem Gottesdienst!

Danach wurden die Ergebnisse aus dem Forum des Vortages präsentiert, in dem Schwester Dr. Birgit Weiler, Missionsärztliche Schwester aus Peru, über die Wirkungsgeschichte des Zweiten Vatikanums in Lateinamerika sprach. Dabei wurden die spirituellen Ressourcen der indigenen Bevölkerung, die eine sehr enge Bindung zur Mutter Erde und zur Natur hat, hervorgehoben.

Auch das Stichwort „desplazamiento“ fiel, wobei das „desplazamiento forzado“, also das erzwungene Weggehen, die Vertreibung oder Flucht bedeutet. So gibt es in Peru bereits Umweltflüchtlinge, die z. B. wegen eines zu hohen Bleigehaltes in ihrem Körper, der durch den Bergbau verursacht wurde, ihre Stadt verlassen müssen. Das „desplazamiento libre“ hingegen, also der frei entschiedene Weggang, meint etwas ganz anderes und bietet eine große Chance zum Dialog. Das geschieht, wenn wir hinausgehen zu den Menschen, die an den Randgebieten leben.

Eine Frage der Haltung

Schwester Birgit, die mit verschiedenen indigenen Völkern im Amazonastiefland arbeitet, bezeichnete die Haltung, mit der man den Menschen dort begegnet, als ausschlaggebend. Kommt man in der Haltung der Conquista, der Eroberung, oder des Respekts? Will ich Jagd auf Schätze machen? Damit sind nicht nur die Schätze der Erde gemeint, sondern auch die inneren Schätze und Werte der Menschen, die wir erobern wollen. Oder komme ich als „bella“ persona, uneigennützig, offen, mit Wertschätzung und Respekt?

Höhepunkt dieses Vormittags war das Referat, eigentlich mehr eine theologische Meditation, von Prof. Dr. Tomáš Halík, Soziologe, Philosoph, Psychologe und katholischer Priester aus Prag. Mit klaren Worten, manchmal auch humorvollen Pointen, nahm er uns schnell in seinen Bann und hatte – wenn nicht irgendwo immer wieder Flaschen unter den Stühlen umfielen – eine aufmerksame Hörerschaft.

Kirche in der „Mittagskrise“

Beeindruckt war ich von seiner bildlichen Sprache. Er verglich unser Verhältnis zur Kirche mit einem Ehegelöbnis, Zusammenstehen in guten und in schlechten Zeiten, oder auch mit dem Leben von uns Menschen, das dem Tag ähnlich sei. So arbeiten wir am Vormittag am Ausbau unserer Karriere und kommen am Mittag in die sogenannte Mittagskrise. Hier gelangen wir wie an eine Weggabelung und müssen uns ganz einfach entscheiden, welchen Weg wir weitergehen. Der Nachmittag ist dafür gedacht, zu verbessern, zu vertiefen, vielleicht auch Abstand zu gewinnen, um klarer sehen und in die Tiefe gehen zu können. Die Kirche steht seiner Meinung nach erst noch in der Mittagskrise und sucht nach neuen Wegen. Bisher wurde viel Zeit verschwendet für institutionelle Strukturen, für immer wieder neue Reformen eben dieser Strukturen. Aber es ist höchste Zeit, im Dialog dem Evangelium ein glaubwürdiges und begeisterndes Gesicht zu verleihen.

Dwellers und Seekers

Da gibt es Gewohnheitsgläubige („dwellers“), deren Zahl stark abnimmt, aber auch die Zahl der Atheisten nimmt ab. Die Zahl der Suchenden („seekers“) hingegen nimmt stetig zu.

Der Glaube ist ein Weg, ein Prozess und auch Ungläubige können die Melodie des Glaubens vernehmen. Frage des Referenten an einen Atheisten: Wie sieht der Gott aus, an den du nicht glaubst? Wir sind alle Suchende, die Gläubigen und die Ungläubigen, und nur Gott kann diese zwei Gruppen unterscheiden. Glauben und nicht glauben spielt sich im Herzen ab. Wahrheit ist ein Buch, das bis jetzt kein Mensch zu Ende gelesen hat.

Gott allein ist die Wahrheit

Wir brauchen Geduld mit Gott, die in Glaube, Hoffnung und Liebe sich äußert. Wir müssen die Schweigsamkeit Gottes aushalten, nicht resignieren. Wenn wir keine Geduld haben, sind wir wie die religiösen Enthusiasten, die ihre Zweifel mit lauten Hallelujarufen zu übertönen versuchen oder mit ständigem Wiederholen gewohnheitsmäßiger Sätze.

Die Liebe ist langmütig, so heißt es im Hohen Lied der Liebe. Geduld zeigt sich in Ausdauer, so wie sie viele Pilger beweisen, da gibt es kein Rennen und Hasten, und Pilger gibt es in allen Religionen. Wir alle haben Zweifel, aber wir dürfen dadurch nicht resignieren, denn unsere Zweifel, unsere Schatten projizieren wir auf andere. Haben wir Mut mit der „Wolke des Geheimnisses“ zu leben und offene Fragen auszuhalten. Nur so werden wir zu Salz der Erde und haben die Fähigkeit, weiter zum Kern des Glaubens vorzudringen.

Der Vortrag von Prof. Dr. Tomáš Halík hat nicht nur mich sehr nachdenklich gemacht, vielleicht auch ein wenig sprachlos. Gerne hätte ich mehr von Prof. Dr. Halík gehört, leider war die Zeit dafür zu kurz.

Ich komme immer wieder gerne zu diesen Tagungen. Dieses Mal fiel mir die große Offenheit, das herzliche Miteinander, die Fröhlichkeit besonders auf, vielleicht auch weil mir vieles vertraut war. Ich hoffe, dass ich einige der Impulse umsetzen kann, für mich, aber dann auch für andere.

Herzlichen Dank für diese Tagung!

Von Von Inge Auer, Erzbistum Freiburg
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Teilnehmerbericht

Wie kann das Konzil fortgeschrieben werden?

Würzburg ‐  Das Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils vor über 50 Jahren war Anlass für die Jahrestagung aller weltkirchlichen Institutionen, der missionarischen Orden, der weltkirchlichen Abteilung der Diözesen und der kirchlichen Hilfswerke, sich darauf zu besinnen, wie sich denn die Konzilsbeschlüsse in den fünf kulturell so verschiedenen Kontinenten ausgewirkt haben.

Die Diskussionen standen unter drei Leitfragen: Vor welchen Herausforderungen steht die katholische Kirche heute? Welche Handlungsfelder sind für die weltkirchliche Arbeit in Deutschland von Relevanz? Und – vielleicht am interessantesten – die Frage: Wie kann das Konzil fortgeschrieben werden? Im Folgenden: Gedanken, Perspektiven und Vorschläge aus dem Afrika-Forum.

Das Konzil und die Welt von heute

Eines der Highlights der Jahresversammlung war für mich der grandiose und gleichzeitig sehr nuancierte Überblick über die großen Themen und Dokumente des Konzils durch Kardinal Koch. Er erinnerte uns, was für eine geistige Revolution das Konzil war und wie es nicht einfach vom Himmel fiel, sondern durch viele Initiativen und Bewegungen über Jahrzehnte vorbereitet war.

Ein kurzes Video über ein Rückkehrer-Seminar von Freiwilligen holte mich wieder in die Wirklichkeit von heute zurück. Die Fragen und Vorschläge dieser engagierten jungen Menschen, die eine Erfahrung von Weltkirche gelebt hatten, aber sich sehr schwer taten, mit der Wirklichkeit unserer deutschen Kirche zurechtzukommen, reflektieren eine ganz andere Welt, als die zur Zeit des Konzils vor 50 Jahren. Der sehr offene und tiefgehende Austausch am Abend hatte für mich fast Modellcharakter, wie wir in der Kirche mit den vielen Spannungen und ungelösten Fragen ehrlich umgehen sollten.

Die Wirkungsgeschichte des Konzils

Welche Veränderungen hat das Konzil in den Kirchen der anderen Kontinente ausgelöst? Das war Thema von vier Foren zu Afrika, Asien, Lateinamerika und Mittel- und Osteuropa. Man muss sich die vorkonziliare Situation vieler Kirchen in Afrika und Lateinamerika vor Augen führen, um zu schätzen welch weiten Weg die Kirche seitdem gemacht hat.

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Bei seiner Seligsprechung hält eine Gläubige ein Plakat des ermordeten Bischof Oscar Romero in die Höhe - am 23. Mai 2015.

Man kann sich gar nicht mehr vorstellen, dass es in Peru Kirchen gab, in die nur die Mestizen eintreten durften, in der Indigene von einem Balkon aus vor der Kirche belehrt wurden. Das Verständnis des Konzils von Kirche und Mission legte nicht nur die Grundlage für die Arbeit von Befreiungstheologen, sondern auch für eine neue Form von Kirche in Basisgemeinschaften und einigen prophetischen Priestern und Bischöfen, die sich für die Rechte der Urbevölkerung, für die Würde der Armen und den Schutz des Urwalds im Amazonasgebiet einsetzten – ein Engagement, das Viele mit dem Martyrium besiegelt haben. Und wie lange hatte diese Kirche mit Kritikern in der römischen Kurie hart kämpfen müssen, um ihre Option für die Armen leben und theologisch reflektieren zu dürfen, bis ein Papst aus Lateinamerika einen Bischof Romero offiziell selig sprach?

Kirche als Volk Gottes

Im Afrika hatte das Konzil andere Früchte getragen. Der zweite Weltkrieg hatte den viele Afrikanern, die als Soldaten teilnahmen, die erschreckende moralische Schwäche Europas vor Augen geführt und die Sehnsucht nach Unabhängigkeit geweckt. Schon die vorkonziliare Generation afrikanischer Priester träumte von einer eigenständigen Kirche. Die Sicht des Konzils von der Kirche als Volk Gottes (später als Familie Gottes interpretiert) sprach die afrikanische Seele an. Die konziliare Vision von Mission, wunderbar klar formuliert in der Enzyklika Evangelii Nuntiandi von Papst Paul VI., eröffnete die Möglichkeit einer echten Inkulturation der Liturgie, die zwar reiche Früchte trug, aber auch auf andere Bereiche des kirchlichen Lebens ausgeweitet werden müsste. Angesichts der Konflikte in zahlreichen Ländern heute wird Versöhnung eine Schlüsselaufgabe der afrikanischen Kirche.

Eigenständigkeit der Ortskirchen fördern

Die Vorträge und Diskussionsbeiträge des Tages machten sichtbar, wie unterschiedlich in der einen katholischen Weltkirche die gesellschaftlichen und pastoralen Situationen der Ortskirchen sind und eröffneten eine Fülle von Fragen und Perspektiven, Ideen und Vorschlägen. Für die Zukunft der Kirche in diesen Kontinenten scheint mir die Eigenständigkeit der Ortskirchen von herausragender Bedeutung – sowohl theologisch wie praktisch. Die Ortskirchen sind eben „nicht Außenstellen des Vatikans“ und Bischöfe nicht „Kapläne des Papstes.“ Wie kann die Kirche dieser Vielfalt gerecht werden, ohne ihre Einheit zu schwächen? Nur durch eine Dezentralisierung und eine Stärkung der Verantwortungen der Ortskirchen, wie sie Papst Franziskus wünscht, lassen sich Antworten auf so verschiedene Herausforderungen der Evangelisierung finden. Die Eigenständigkeit der Ortskirche ist aber nicht möglich ohne eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit. Die deutsche Kirche könnte da einen wichtigen Beitrag leisten, z.B. durch Hilfe zum Ausbau einer effizienten Finanzverwaltung.

Dialog auf Augenhöhe

Ein immer wiederkehrender Schlüsselbegriff in den Berichten aus den verschiedenen Kontinenten war Dialog und Begegnung auf Augenhöhe. Es ist nötig auf allen Ebenen: zwischen den Kirchen Europas und Afrikas, mit den Afrikanern, die in immer größerer Zahl zu uns kommen, und zwischen ausländischen und deutschen Gemeinden. In diesem Zusammenhang wurde ein Vortrag von Dr. Al-Hussein Zakaria aus Ghana vorgelesen, der leider nicht persönlich an der Tagung teilnehmen konnte. Es war die Geschichte eines aufrichtigen Muslims, der über die Erfahrung einer toleranten, traditionellen Muslimfamilie, einer christlichen Erziehung in der Schule, heftiger Anfeindungen auf der Universität und schließlich über fruchtbare Kontakte mit Ordensschwestern den Weg zur inneren Akzeptanz eines religiösen Pluralismus und zu einem offenen interreligiösen Dialog fand. Das gelebte Zeugnis bewegt mehr als alle Theorie und Theologie.

Die Jahrestagung Weltkirche ist auch immer ein Ort, an dem man über Zeugenberichte aus den Kirchen des Südens ein tiefes Mitgefühl mit den leidenden und verfolgten Christen in anderen Ländern empfindet. Bischof Oliver Doeme erzählte von den Zerstörungen durch die islamistische Terrorgruppe Boko Haram in seiner Diözese Maiduguri in Nord-Nigeria. 50 der 52 Kirchen wurden zerstört, 500 Katechisten ermordet, zehntausende Häuser und Geschäfte von Christen zerstört. Und trotzdem strahlte der Bischof eine Zuversicht und ein Gottesvertrauen aus, von dem wir uns mit unseren relativ kleinen Problemchen eine ganze große Scheibe abschneiden können.

Von Von P. Wolfgang Schonecke, Netzwerk Afrika Deutschland
Jahrestagung Weltkirche und Mission
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Teilnehmerbericht

Lust auf mehr!

Würzburg ‐  Etwa 130 Teilnehmer aus den deutschen Bistümern, den in der Mission engagierten Orden, den kirchlichen Werken, der Bischofskonferenz und aus Bildungseinrichtungen kamen heute einmal mehr mit Gästen aus aller Welt zu ihrer Jahrestagung in Würzburg zusammen. Traditionell begann diese auch heuer mit einer Mischung aus Wiedersehensfreude alter Bekannter und dem Kennenlernen derer, denen man bisher nicht begegnet war.

Dass für Christen Spiritualität und Solidarität – so der Titel der Tagung – untrennbar miteinander verbunden sind, machte Erzbischof Dr. Ludwig Schick schon in seiner Begrüßungsansprache deutlich: Der Geist Christi inspiriere zur Solidarität, die ihrerseits wieder auf die Spiritualität zurückwirke. Das Zweite Vatikanische Konzil – dessen Rolle für die Weltkirche im Zentrum der Tagung steht – habe den Horizont der Kirche auf alle Völker geweitet, die zuvor vor allem als Objekte der Mission im traditionellen Sinn wahrgenommen wurden.

Eindrücklich berichtete Sr. Elisabeth Biela von ihren ganz persönlichen Erfahrungen mit dem Konzil. Sie beschrieb ihre Erlebnisse und Gedanken als eine befreiende und auch beglückende Erfahrung, aber auch als Konfrontation mit schwierigen Anfragen und Umbruchssituationen – die älteren unter den Tagungsteilnehmern erkannten offenbar Vieles aus eigenem Erleben wieder, für die jüngeren war es ein lebendiges und authentisches Glaubenszeugnis. Wichtig aus Perspektive des Tagungsthemas sei der Impuls des Konzils, der auch für das heutige Verständnis von Mission zentral ist: Mission sei heute mehr als „Seelen retten“, es sei die Begegnung mit Menschen in der Suche nach Gott und dem tieferen Sinn des Lebens. Sr. Elisabeth rief die Teilnehmer auf, in Erinnerung an den „Katakomben-Pakt“ des Konzils einen „Himmelspforten-Pakt“ für eine arme und dienende Kirche zu schließen: „Gehen wir als Kirche ganz einfach zu den Menschen hin!“

Mit besonderer Spannung erwartet wurde der Impulsvortrag von Kardinal Kurt Koch, Präsident des Päpstlichen Rates für die Förderung der Einheit der Christen und ausgewiesener Kenner der Konzilstexte. Der „rote Faden“ seines Vortrags und der anschließenden Diskussion war das Ringen um das Verhältnis von Tradition und Reform – in den Konzilstexten und bis heute in der Rezeption des Konzils, die der Kardinal für noch lange nicht abgeschlossen hält.

Die Spannung zwischen „Aggiornamento“ und „Ressourcement“, zwischen dem Beziehen des Evangeliums auf die Gegenwart und dem Rückgriff auf die Quellen des Glaubens, präge die Kirche bis heute. Der Glaube und die Verantwortung für die Welt gehörten untrennbar zusammen. Kardinal Koch erinnerte noch einmal an die Weltbischofssynode von 1985, die den Geist des Konzils und seiner Dokumente in einer prägnanten Formel zusammenfasste: „Die Kirche unter dem Wort Gottes feiert die Geheimnisse Christi zum Heil der Welt.“

In einem anschließenden Podium, das neben Kardinal Koch durch Weihbischof em. Leo Schwarz, Prälat Bernd Klaschka (Adveniat) und wechselnden Teilnehmern aus dem Plenum bestritten wurde, wurde noch einmal intensiv über die Frage des Verhältnisses von Einheit und Vielfalt in der Weltkirche diskutiert. Dabei wurde noch einmal der besondere Wert des einigenden Papstamtes deutlich, der die Katholische Kirche bisher von einer Zersplitterung in (nationale) Kirchen bewahrt, die den Protestantismus und die Orthodoxie kennzeichnen. Diese Zersplitterung birgt nach Einschätzung von Kardinal Koch auch neue Gefahren, etwa die einer Re-Nationalisierung. Besorgt zeigten sich viele Teilnehmer über den wachsenden Widerstand gegen die Erneuerung der Kirche durch Papst Franziskus.

Ein zweiter Diskussionsfaden beschäftigte sich mit der Rolle der Rückkehrer aus kirchlichen Freiwilligendiensten im Ausland. Ein Film über diese jungen und engagierten Menschen machte Mut für die Zukunft weltkirchlicher Arbeit – wenn auch eine gewisse Ratlosigkeit bei der Frage zu spüren war, welche Anknüpfungspunkte diese jungen Erwachsenen in den deutschen Bistümern, Gemeinden und Orden finden können. Große Zustimmung fand die Überlegung, für sie Orte zu schaffen, an denen sie ihre Erfahrungen austauschen und in Beziehung zur weltkirchlichen Arbeit anderer Gruppen treten können.

Nach diesen vielen Eindrücken und Diskussionen tat es gut, dass in einem abschließenden geistlichen Tagesrückblick Gelegenheit war, diesen Tag noch einmal gemeinsam vor Gott zu bringen.

Kurz und gut: Der erste Tag machte Lust auf mehr!

Von Von Dr. Christian Müller, Katholisch soziale Akademie Franz Hitze Haus (Münster)