Von Indonesien nach Paderborn
Reverse-Freiwilligendienst

Von Indonesien nach Paderborn

Seit neun Monaten leistet der indonesische Englischlehrer Antonius Barutu einen Internationalen Freiwilligendienst im Erzbistum Paderborn. Wie es ihm dabei ergeht, berichtet Barutu im Weltkirche-Interview.

Erstellt: 25.04.2014
Aktualisiert: 06.07.2022
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Seit rund neun Monaten lebt Antonius Barutu aus Indonesien in Deutschland. Vor seinem Internationalen Freiwilligendienst im Erzbistum Paderborn arbeitete der 23-Jährige auf der indonesischen Insel Nias als Englischlehrer. Im Interview mit dem Internetportal Weltkirche berichtet er, wie er die Missionarin auf Zeit Mirjam kennenlernte und so der Stein für seinen Einsatz in Deutschland ins Rollen kam.

Frage: Anton, du bist jetzt seit Juli 2013 in Deutschland. Wie kam es dazu, dass du deinen Freiwilligendienst hier absolvierst?

Anton: Das Ganze kam durch Mirjam ins Rollen, eine Missionarin auf Zeit der Franziskanerinnen Salzkotten . Wir lernten uns auf Nias kennen. Während ich dort als Englischlehrer in einer Grundschule arbeitete, war Mirjam in einem Rehabilitationszentrum der Franziskanerinnen für Kinder und Jugendliche mit Behinderung tätig. Über sie entstand der Kontakt nach Deutschland und in die Erzdiözese Paderborn. Ich bin der erste Freiwillige, der aus Nias nach Deutschland gekommen ist.

Frage: Wo wohnst du in Deutschland?

Anton: Ich wohne in der Jugendwohngemeinschaft „Vincenz-Haus“ in Paderborn. In dem Betreuten Wohnen leben derzeit 21 männliche Jugendliche und junge Männer. Die meisten kommen aus schwierigen Familienverhältnissen oder sind minderjährige unbegleitete Flüchtlinge. Sie werden dort sozialpädagogisch begleitet und unterstützt. Der jüngste Mitbewohner ist 14 Jahre alt, der älteste 21.

Frage: Wie hast du dich dort eingelebt?

Anton: Anfangs war es schwer, aber inzwischen gefällt es mir richtig gut. Ich habe im Vincenz-Haus viele Freunde gefunden.

Frage: Was ist deine Aufgabe in der Wohngemeinschaft?

Anton: Ich bin Betreuer, bereite das Essen vor und helfe bei den Hausaufgaben. Meine Aufgabe ist es, den Jungs das Gefühl einer Familie zu geben. Während sie in der Schule sind, bereite ich die Mahlzeiten zu und wenn die Jungs nach Hause kommen, ist alles schon fertig vorbereitet. Wir essen immer alle zusammen: morgens, mittags und abends. Ähnlich wie in einer Familie. Das macht die Jungs glücklich.

Frage: Du selbst bist katholisch. Leben im Vincenz-Haus auch Jugendliche anderer Religionen?

Anton: Im Vincenz-Haus wohnen Muslime und Christen zusammen. Alle gehen sehr respektvoll miteinander um. Das sieht man schon beim Essen. Da Muslime zum Beispiel kein Schweinefleisch essen, bereiten Christen und Muslime ihre Mahlzeiten getrennt voneinander vor. Später kommt alles zusammen auf einen großen Tisch. Die Hälfte des Tisches wird dann mit muslimischen Speisen, die andere Hälfte mit christlichen gedeckt. Auch bei den Küchenutensilien wird auf die unterschiedlichen Religionen Rücksicht genommen. Es gibt eigene Töpfe und Pfannen für Muslime und Christen.

Frage: Würdest du den Internationalen Freiwilligendienst deinen Freunden in Indonesien weiterempfehlen?

Anton: Meine Freunde zu Hause haben mich natürlich direkt gefragt, wie es mir geht und ob ich hier glücklich bin. Ich muss sagen, es gefällt mir ziemlich gut. Deutschland ist sehr offenherzig und man lernt, Dinge aus einer anderen Perspektive zu sehen. Alles ist viel moderner als in Indonesien. Die Unterschiede zwischen beiden Ländern zeigen sich auch in der Schule. Die Schüler lernen zwar die gleichen Fächer, zum Beispiel Mathematik, aber in Deutschland ist der Unterricht praxisorientierter.

Frage: In rund zwei Monaten fliegst du wieder zurück nach Indonesien. Was wirst du aus deinem Freiwilligendienst in Deutschland mitnehmen?

Anton: Im Gegensatz zu Indonesien ist die Schulausbildung in Deutschland kostenlos. Meine Vision ist, dass die Kinder in meinem Heimatland auch bald kostenlos zur Schule gehen können. Bisher muss man den Unterricht teuer bezahlen. Viele Kinder gehen nicht zur Schule, weil die Familien es sich nicht leisten können. Ich bin der Überzeugung, dass alle ein Recht auf Bildung haben – egal ob arm oder reich. Zu dieser Vision hat mich mein Aufenthalt in Deutschland inspiriert.

Frage: Was bedeutet es für dich, dass der Internationale Freiwilligendienst keine Einbahnstraße ist?

Anton: Für mich ist der Austausch zwischen den Kulturen sehr wichtig, weil wir voneinander lernen können – und zwar in der persönlichen Begegnung und nicht bloß in der Theorie.

 

Das Interview führte Lena Kretschmann.