Ein Praktikum ganz besonderer Art
Missio-Praktikanten ‐ Mit dem Festgottesdienst zum Sonntag der Weltmission fand am vergangenen Wochenende die große Solidaritätsaktion des Missionswerks Missio ihren Abschluss. Für sieben junge Menschen aus verschiedenen Teilen Deutschlands waren die vier Oktoberwochen von ganz besonderer Bedeutung. Als Missio-Praktikanten begleiteten sie die Gäste aus Papua-Neuguinea durch den Weltmissionsmonat. Im Interview mit dem Internetportal Weltkirche berichtet Missio-Praktikantin Katharina McLarren von ihren Aufgaben, der Begegnung mit den Gästen und von Situationen und Erlebnissen, die ihr ganz besonders in Erinnerung geblieben sind. Katharina begleitete Missio-Gast Alina Longa, die in der Diözese Bougainville die Familienpastoral koordiniert und in der Drogen- und Alkoholberatung tätig ist.
Aktualisiert: 19.12.2023
Lesedauer:
Frage: Katharina, du hast soeben dein Missio-Intensivpraktikum zum Monat der Weltmission beendet. Wie bist Du auf Missio gekommen?
Katharina: Ich habe erst vor kurzem zum katholischen Glauben gefunden und wurde während des Weltmissionsmonats sogar gefirmt. Vom Praktikum habe ich eher durch Zufall erfahren. Beim Stöbern im Missio-Magazin ist mir die Stellenausschreibung aufgefallen. Daraufhin habe ich mich beworben und es hat tatsächlich geklappt. Vielleicht eine glückliche Fügung des Schicksals?
Frage: Welche Erwartungen hattest du an das Praktikum?
Katharina: In erster Linie wollte ich herausfinden, wie Menschen anderer Kulturen den Glauben leben. Ich komme aus Passau. Hier wird der Glauben sehr traditionell gelebt. Mich interessierte, wie sich unsere Glaubenspraxis hier von den Praktiken in anderen Ländern der Welt unterscheidet.
Frage: Hast du dich in besonderer Weise auf das Praktikum vorbereitet?
Katharina: Im Juni wurde für die Missio-Praktikanten eine Einführungswoche veranstaltet, an dem vorab erklärt wurde, worum es in dem Praktikum geht. Wir erhielten dabei auch einen Einblick in die Arbeit von Missio. Danach richteten wir unseren Blick auf den Begriff Mission: Was bedeutet Mission eigentlich? Darüber diskutierten wir in der Gruppe, stellten Fragen und tauschten uns aus. Am wichtigsten war für mich allerdings, dass die Praktikanten während des Wochenendes die Gelegenheit hatten, sich gegenseitig kennenzulernen und als Team zusammenzuwachsen. Wir haben uns untereinander sehr gut verstanden und konnten uns aufeinander verlassen. Bei solch einem intensiven Praktikum ist das ganz besonders wichtig.
Frage: Die Praktikanten waren mit den Gästen aus Papua-Neuguinea rund um die Uhr im Einsatz. Was waren genau deine Aufgaben?
Katharina: In erster Linie waren wir Praktikanten dafür zuständig, dass es den Gästen gut geht und dass sie sich bei uns wohl fühlen. Allein die Zeitverschiebung und die extreme Klimaumstellung waren für die Gäste sehr anstrengend. Eine Praktikantin kaufte sogar warme Kleidung für sie. Das Wohlergehen der Gäste spielte eine ganz große Rolle. Das zeigte sich schon in kleinen Dingen: Alina und ich waren im Bistumshaus in Passau untergebracht. Alina war sehr beeindruckt, denn für sie war es das größte Gebäude, das sie jemals betreten hatte. Sie hatte Schwierigkeiten sich zurechtzufinden, daher half ich ihr bei der Orientierung. Darüber hinaus war natürlich das Übersetzen während der Vorträge und bei den Besuchen in den Pfarreien sehr wichtig.
Frage: Bei einem Praktikum im Rahmen der Missio-Aktion gleicht kein Arbeitstag dem anderen. Während der Reise durch die Diözesen hast du beinahe täglich dein Quartier gewechselt. Welche Tage haben dir ganz besonders viel Spaß gemacht?
Katharina: Ganz besonders in Erinnerung geblieben ist mir der Besuch in der Justizvollzugsanstalt. Der intensive Austausch mit den inhaftierten Jugendlichen hat mich sehr beeindruckt und ergriffen. Auch für die Jugendlichen und Alina war es eine spannende Erfahrung. Alina erzählte beispielsweise von den Verhältnissen in den Gefängnissen in
Papua-Neuguinea, woraufhin die Insassen zu ihr sagten: "Nachdem was wir von dir gehört haben, wirst du bei dem Anblick unserer Zellen denken, du seist in einem Luxushotel." Diese Begegnung war für alle Beteiligten etwas ganz Besonderes.
Frage: Als Missio-Praktikanten hattet ihr einen engen Bezug zu den Gästen aus Papua-Neuguinea. Was hast du über die Lebenssituation der Menschen dort erfahren?
Katharina: Bezeichnend war, dass die Gäste Deutschland ganz anders wahrgenommen haben als wir es tun, zum Beispiel alte Gebäude: In Papua-Neuguinea gibt es keine Bauten, die 1.000 Jahre alt sind. Daher war die Besichtigung des Bamberger Doms für sie überwältigend. Für uns ist das hingegen ganz selbstverständlich. Die Missio-Gäste haben uns den Reichtum unserer eigenen Geschichte noch einmal vor Augen geführt. Dies ist ein Aspekt, den ich nun mehr zu schätzen weiß.
Frage: Andersherum gefragt: Konntest du den Gästen aus Papua-Neuguinea auch etwas über das Leben in Deutschland, die Kirche und das Gemeindeleben mitgeben?
Katharina: Anfangs haben wir die Gäste davor gewarnt, dass die Bischöfe und allgemein die Vertreter der Amtskirche in unserem Land nicht so zugänglich sind, wie sie es vielleicht aus ihrer Heimat kennen. Wir bereiteten Sie außerdem darauf vor, dass man in unseren Kirchen keine jungen Gesichter mehr sieht und dass das Gemeindeleben nicht so aktiv wie in anderen Ländern ist. Interessanterweise haben die Gäste das ganz anders erlebt. Sie haben erfahren, dass die Kirche hier nicht nur durch den gemeinsamen Gottesdienst lebt, sondern in vielen gesellschaftlichen Bereichen aktiv ist. Wir haben beispielsweise eine Behindertenwerkstatt und mehrere katholische Schulen besucht. Nachdem die Missio-Gäste all dies gesehen hatten, führten sie uns vor Augen, in welch vielen Bereichen die Kirche in Deutschland engagiert und präsent ist. Dies war uns vorher nicht so bewusst.
Ein anderes Beispiel dafür, dass sich unsere Vorurteile über die Kirche in Deutschland ins Gegenteil wendeten, ist der Besuch bei Erzbischof Schick in Bamberg. Er nahm sich sehr lange Zeit für Alina und mich. Wir haben uns intensiv über Papua-Neuguinea, den Aufenthalt in Deutschland und den Monat der Weltmission unterhalten. Diese Situation hat mir gezeigt, dass das Verhältnis zwischen Bischöfen und Laien ein freundliches und zugängliches ist.
Frage: Wie wird der Glauben in Papua-Neuguinea gelebt?
Katharina: Die Kirche und das Gemeindeleben sind sehr lebendig. Das sieht man schon am Gottesdienst, in dem ausgelassen gesungen und getanzt wird. Bei uns wiederum wird auch gesungen. Trotz alledem nehmen wir Deutschen unsere Gottesdienste nicht als besonders lebendig wahr. Die Gäste aus Papua-Neuguinea halfen uns dabei, das Ganze aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten: Bei uns lebt auch der Glaube – nur eben in einer anderen Form.
Frage: Wenn du nun auf das Praktikum zurückschaust, welche Erkenntnisse nimmst du daraus mit?
Katharina: Uns als Praktikantengruppe ist vor allem eines bewusst geworden: Wir sind zwar alle junge Katholiken, aber vielleicht mit verschiedenen Ansätzen, mit unterschiedlichen Erfahrungswerten und Meinungen. Trotzdem haben uns der Glaube und das Praktikum sehr intensiv zusammengeschweißt. Ein Erlebnis ist mir in diesem Zusammenhang ganz besonders in Erinnerung geblieben: Eine Mitpraktikantin zog während des Weltmissionsmonats in eine neue Wohnung und bat Bischof Unabali aus Papua-Neuguinea, diese zu segnen. Wir versammelten uns daraufhin in ihrem neuen Zuhause, Bischof Unabali trug sein Gewand, weihte das Wasser und segnete die Wohnung. Dabei stimmten wir mit der Gitarre gemeinsam Lieder an. Alles verlief so unkompliziert, ohne eine große Zeremonie und doch so bedeutsam für uns alle.
Das Interview führte Lena Kretschmann