
Drei Monate nach der Flut
Zerstörte Häuser, überflutete Ackerflächen, Hunderte Tote und Verletzte: Abseits der medialen Aufmerksamkeit ereignete sich im September dieses Jahres in Pakistan erneut eine schwere Flutkatastrophe. Dabei leidet das Land noch heute an den Folgen der großflächigen Überschwemmungen im Jahr 2010. Infolge heftigen Monsunregens wurden nun abermals weite Teile von Baluchistan, Punjab und Sindh überflutet. Damit wurden insgesamt drei der vier Provinzen des Landes vom Hochwasser erfasst.
Aktualisiert: 11.07.2015
Lesedauer:
Zerstörte Häuser, überflutete Ackerflächen, Hunderte Tote und Verletzte: Abseits der medialen Aufmerksamkeit ereignete sich im September dieses Jahres in Pakistan erneut eine schwere Flutkatastrophe. Dabei leidet das Land noch heute an den Folgen der großflächigen Überschwemmungen im Jahr 2010. Infolge heftigen Monsunregens wurden nun abermals weite Teile von Baluchistan, Punjab und Sindh überflutet. Damit wurden insgesamt drei der vier Provinzen des Landes vom Hochwasser erfasst.
Das Internetportal Weltkirche hat sich bei Pater Samson Shukardin OFM, Generalvikar der Diözese Hyderabad im Südosten des Landes, über die aktuelle Situation der Betroffenen informiert. Im Interview berichtet er von den Herausforderungen, vor denen Helfer und Flutopfer angesichts des nahenden Winters stehen, und darüber, wie die Kirche vor Ort die Menschen in dieser schweren Zeit unterstützt.
Frage: Pater Samson, wie ist derzeit die Situation in Ihrer Diözese?
P. Samson: Die Diözese von Hyderabad liegt in der Provinz Sindh. Die Lage in den dortigen Gemeinden hat sich leider immer noch nicht stabilisiert: Hunderttausende Menschen haben ihre Lebensgrundlage verloren, die Infrastruktur in den Städten ist zerstört. Erschwerend kommen die winterlichen Temperaturen hinzu, die unzulängliche Versorgung mit Lebensmitteln, Arbeitslosigkeit und Epidemien.
Frage: Was tut die Kirche, um den Betroffenen in der Flutregion zu helfen?
P. Samson: Die Caritas Pakistan in der Diözese Hyderabad unterstützt die Flutopfer mit allen Mitteln. Über 300 Familien wurden mit Nahrungsmitteln und Hilfsgütern versorgt, Notunterkünfte bieten vielen Heimatlosen Schutz. Doch dies ist leider nicht genug: Die Schäden sind so groß, dass immer noch hunderte Familien unversorgt sind. Aus diesem Grund hat Bischof Max Rodriguez die Gläubigen der Diözese Hyderabad dazu aufgerufen, die Flutopfer zu unterstützen und Hilfe zu leisten. Daraufhin initiierten die Pfarrer der einzelnen Gemeinden Spendenaktionen. Das Geld kommt nun den Notleidenden zugute.
Frage: Aufgrund der zerstörten Infrastruktur sind weite Teile der Katastrophenregion nicht zugänglich. Wie werden die Flutopfer in diesen Gegenden versorgt?
P. Samson: Dass weite Teile des Straßennetzes zerstört sind, stellt eine große Herausforderung dar. Glücklicherweise gibt es Alternativrouten, über die Nothilfe geleistet werden kann. Die Wege, die dabei zurückgelegt werden müssen, sind allerdings sehr lang und beschwerlich – für die Helfer keine leichte Aufgabe.
Frage: Viele von der Flut Betroffene haben alles verloren: ihre Häuser und all ihr Hab und Gut. Wo kommen diese Menschen unter?
P. Samson: Mehr als 75 Prozent der Flutopfer haben sich aus der Not heraus auf offener Straße niedergelassen – sie harren unter freiem Himmel aus. Nur ein Viertel der Betroffenen konnte vorübergehend in Notunterkünften unterkommen. Diejenigen, die es sich leisten konnten, sind in andere Regionen der Provinz Sindh geflüchtet.
Frage: Welche langfristigen Maßnahmen zum Wiederaufbau gibt es?
P. Samson: Die Schäden, die der Monsunregen und die Flut in diesem Jahr verursacht haben, sind enorm: Hundertausende Häuser sind beschädigt oder komplett zerstört, die Straßen sind nicht mehr befahrbar. Zudem führt die Überschwemmung landwirtschaftlicher Flächen zu Ernteausfällen. Laut des Amts zur Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der UN (OCHA) sind rund vier Millionen Menschen von der Flut betroffen – mehr als im Jahr 2011, als ebenfalls heftige Regenfälle die Region heimsuchten.
Zu den wichtigsten Maßnahmen des Wiederaufbaus zählt an erster Stelle die Errichtung neuer Unterkünfte, so dass die betroffenen Familien nicht mehr schutzlos auf offener Straße leben müssen. Besonders dringend benötigen die Flutopfer außerdem medizinische Versorgung, Lebensmittel und weitere Auffanglager. Um langfristig das Risiko von Überschwemmungen zu senken, müssen Handpumpen zur Ableitung des Hochwassers installiert werden. Des Weiteren benötigen die Bauern, deren Felder überschwemmt wurden, Unterstützung: Dünger, Pflanzenschutzmittel und Saatgut sind derzeit Mangelware. Die Überlebenden der Flut sind dringend auf diese Hilfsmaßnahmen angewiesen – damit sie bald wieder in ein normales Leben zurückkehren können.
Das Interview führte Lena Kretschmann