
Was ist heute unsere Leidenschaft als Christen?
Kongress Großstadtpastoral ‐ Heute beginnt in der 21 Millionen Einwohner zählenden Metropole Mexiko-City der Kongress zur Großstadtpastoral. Bei mir zu Hause in Bonn steht das Thema nicht gerade oben auf der Tagesordnung, wird die ehemalige Hauptstadt doch gerne auch „Bundesdorf“ genannt. Dennoch braucht es nicht viel, um sich die Bedeutung einer zeitgemäßen Großstadtpastoral auszumalen: Global gesehen wohnt weit mehr als die Hälfte der Katholiken in Städten, viele davon in Großstädten – Tendenz seit Jahren steigend.
Aktualisiert: 11.07.2015
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Heute beginnt in der 21 Millionen Einwohner zählenden Metropole Mexiko-City der Kongress zur Großstadtpastoral. Bei mir zu Hause in Bonn steht das Thema nicht gerade oben auf der Tagesordnung, wird die ehemalige Hauptstadt doch gerne auch „Bundesdorf“ genannt. Dennoch braucht es nicht viel, um sich die Bedeutung einer zeitgemäßen Großstadtpastoral auszumalen: Global gesehen wohnt weit mehr als die Hälfte der Katholiken in Städten, viele davon in Großstädten – Tendenz seit Jahren steigend.
Ich führe mir also die rasanten Entwicklungen in den Megacities dieser Welt vor Augen und frage mich, wie die Kirche dort mit den tiefgreifenden Veränderungen Schritt halten kann, die das Leben so vieler Menschen herumreißen. Ist die Kirche da noch bei ihnen, kennt sie ihre Werte und Träume, Sorgen und Zweifel? Wenn nicht oder nur zum Teil, was heißt das dann zum Beispiel für eine Stadt wie Mexiko, in der rund 20 Prozent aller Mexikaner leben?
„Ist die Kirche da noch bei ihnen, kennt sie ihre Werte und Träume, Sorgen und Zweifel?“
Ich komme gerade aus dem Centro Histórico, der historischen Innenstadt, zurück ins Hotel, in dem ich mich vor ein paar Tagen einquartiert habe. Eben war ich in der wunderschönen Barockkirche Santo Domingo, die 1736 erbaut wurde. Das Rosenkranzgebet, in das ich hineingestolpert bin, hätte dort so auch kurz nach der Kirchweihe stattfinden können. Es wären dann aber wahrscheinlich mehr als eine Handvoll Gläubige in der Kirche gewesen. Und die Lautsprecheranlage hätte gefehlt. Aber sonst?

Zwischen Tradition und Moderne
Natürlich wurzelt unser Glaube auch in der Tradition. Doch gerade deswegen müsste er so inkulturiert werden, dass er die Menschen in ihrem Alltag erreichen, trösten und prägen kann. Schließlich setzt eine Tradition, die der Gegenwart nichts mehr zu sagen hat, ihre Zukunft aufs Spiel. Ich schätze das Rosenkranzgebet. Nur habe ich die Antworten der anderen, die versprengt in der Kirche saßen, nicht gehört. Was also sind gläubige Ausdrucksweisen, die den Menschen in einer Großstadt entsprechen? Wie müssten die pastoralen Beziehungen gestrickt sein, damit Christinnen und Christen auch in einer Großstadt Gemeinschaft im Glauben erleben?
„Eine Tradition, die der Gegenwart nichts mehr zu sagen hat, setzt ihre Zukunft aufs Spiel.“
Unsere Leidenschaft als Christen
Gegenüber der Kirche steht der Palacio de la Inquisición, der inzwischen ein Museum beherbergt. Nur einige Straßenecken weiter, vor der Kathedrale, einer der größten und stolzesten Kirchbauten Lateinamerikas, lädt die mexikanische Armee anlässlich ihrer Hundertjahrfeier die ganze Woche zu einer Ausstellung ein, die offenbar von Groß und Klein gerne besucht wird. Fallschirmspringer zum Anfassen, Poussieren mit dem Panzer, Mama und Papa machen dann die Fotos. Als Motto haben die Strategen gewählt: „Streitkräfte – Leidenschaft, um Mexiko zu dienen“. Genau das ist es, denke ich mir: Was ist heute unsere Leidenschaft als Christen? Wem dienen wir? Auf dem Zócalo, dem Platz zwischen der Kathedrale und dem Präsidentenpalast, haben die Militärs jedenfalls eine familienpädagogische Selbstdarstellung vorgenommen, die die Kirche alt aussehen lässt.
Hoffentlich gehen von dem bald beginnenden Kongress positive Impulse für die Großstadtpastoral aus, damit sie zu einem leidenschaftlichen Dienst an den Menschen unserer Zeit wird.
Von Hartmut Köß