
Ein bewegender Abschied
Mit einer bewegenden Generalaudienz auf dem Petersplatz hat Papst Benedikt XVI. am Mittwoch von der Öffentlichkeit Abschied genommen. Rund 150.000 Menschen waren in den Vatikan gekommen, um bei der letzten Generalaudienz des scheidenden Kirchenoberhauptes dabei zu sein. Mit Sprechchören und Benedetto-Rufen, mit Transparenten und Fahnen bereiteten sie dem fast 86-Jährigen bei seinem letzten öffentlichen Termin im Vatikan einen bunten und herzlichen Empfang.
Aktualisiert: 11.07.2015
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Mit einer bewegenden Generalaudienz auf dem Petersplatz hat Papst Benedikt XVI. am Mittwoch von der Öffentlichkeit Abschied genommen. Rund 150.000 Menschen waren in den Vatikan gekommen, um bei der letzten Generalaudienz des scheidenden Kirchenoberhauptes dabei zu sein. Mit Sprechchören und Benedetto-Rufen, mit Transparenten und Fahnen bereiteten sie dem fast 86-Jährigen bei seinem letzten öffentlichen Termin im Vatikan einen bunten und herzlichen Empfang.
Bei sonnigem Winterwetter fuhr Benedikt XVI. im offenen Jeep durch die Menge auf dem riesigen Platz – sein Privatsekretär Georg Gänswein wie stets hinter ihm auf dem Rücksitz. Immer wieder ließ der Papst anhalten, grüßte Kinder, küsste Babys – bis das Auto zum letzten Mal die Stufen zur Vatikanbasilika hinauffuhr. In den ersten Reihen hatten die zahlreichen bereits in Rom anwesenden Kardinäle Platz genommen – die nach vermutlich schwierigen Beratungen in zwei Wochen seinen Nachfolger wählen müssen. Unter ihnen waren die Oberhirten von Köln und München, Joachim Meisner und Reinhard Marx. Auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, nahm an der Feier teil.
Benedikt XVI. zeigte sich sichtlich bewegt
Auf der anderen Seite saßen etliche Staatsmänner – auch wenn Benedikt XVI. auf eine offizielle Verabschiedung von Seiten der Politik verzichten wollte. Der slowakische Staatspräsident Ivan Gasparovic war gekommen sowie der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU). Als dann während der eineinhalbstündigen Zeremonie die Traunsteiner Blaskapelle die Bayernhymne intonierte und dazu ein Meer von weiß-blauen Fahnen auf dem Petersplatz geschwenkt wurde, war der scheidende Papst sichtlich bewegt.
„Gott führt die Kirche, er unterstützt sie immer, auch und vor allem in schwierigen Momenten.“
Papst bedankt sich für „Respekt und Verständnis“
In seiner Ansprache erläuterte er nochmals die Gründe für seinen Rücktritt: Er habe die Entscheidung aufgrund seiner nachlassenden Kräfte nach gründlicher Prüfung vor Gott „zum Wohl der Kirche“ und „unbeschwerten Herzens“ getroffen. Er dankte den Menschen, dass sie diesen schwerwiegenden und neuen Schritt mit „Respekt und Verständnis“ aufgenommen habe. Er ziehe sich keinesfalls ins Privatleben zurück und werde nicht einfach Pensionär, versicherte Benedikt XVI. Er habe „das Kreuz Christi nicht verlassen“ – wie mancher Kritiker geargwöhnt hatte, sondern sei auf neue Weise daran gebunden. Er werde den Weg der Kirche auch weiter begleiten: mit Gebet und Meditation.
Vor allem aber dankte der scheidende Papst Gott, der ihn in diesen acht Jahren geführt habe - in Zeiten der Freude und des Lichts, aber auch in schwierigen Zeiten, als der Wind entgegenstand und Gott zu schlafen schien. Wie die Jünger beim Sturm auf dem See Genesareth wusste er aber, dass Gott mit im Boot sei, dass er das Schiff der Kirche geführt habe – denn es sei ja sein Boot. „Gott führt die Kirche, er unterstützt sie immer, auch und vor allem in schwierigen Momenten“. Nichts könne diese Gewissheit verdunkeln, rief der Papst. Er äußerte sich zuversichtlich und überzeugt, dass die Kirche die Kraft habe, auch Krisen zu überwinden.
„Betet für die Kardinäle, betet für den neuen Nachfolger des Apostels Petrus!“
Klassischer Ablauf einer Generalaudienz
Die Zeremonie folgte weitgehend dem klassischen Ablauf einer Generalaudienz: eine Schriftlesung, dann eine längere Ansprache auf Italienisch, an die sich Zusammenfassungen auf Französisch, Englisch, Deutsch und Spanisch anschlossen, sowie Grußworte in einem halben Dutzend weiterer Sprachen, einschließlich Arabisch.
Daran schloss sich der Segen des Papstes für die Gläubigen auf dem Petersplatz an. Zum letzten Mal rief Benedikt XVI. die Fürsprache der Apostel und den Segen Gottes auf die Menschen herab. Mit langem Applaus dankten die Gläubigen dem Papst. „Betet für die Kardinäle, betet für den neuen Nachfolger des Apostels Petrus!“, rief er den Menschen zu. Dann bestieg Benedikt XVI. das offene Papamobil. Eskortiert von Schweizergarde und vatikanischer Gendarmerie fuhr er über den Petersplatz – und verschwand zum letzten Mal durch das Glockentor im Inneren des Vatikans. Eine Ära geht zu Ende.
Von Johannes Schidelko