Kampf mit den Folgen des Klimawandels
Reisbauern im südasiatischen Bhutan können keinen Reis mehr anbauen, die Erde ist zu salzig und das Wasser bleibt aus. Fischerdörfer im karibischen Inselstaat Jamaica werden überflutet, Korallenriffe zerstört. Nordafrikanische Bauern aus Eritrea verlieren Vieh und Feld durch Dürre. Der Klimawandel ist mancherorts wie ein gefräßiges Monster. Zahlen belegen seine Zerstörungswut. So haben sich in den ersten sieben Jahren dieses Jahrhunderts Naturkatastrophen im Vergleich zur Dekade 1987–1997 verdoppelt.
Aktualisiert: 11.07.2015
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Reisbauern im südasiatischen Bhutan können keinen Reis mehr anbauen, die Erde ist zu salzig und das Wasser bleibt aus. Fischerdörfer im karibischen Inselstaat Jamaica werden überflutet, Korallenriffe zerstört. Eritreische Bauern verlieren Vieh und Feld durch Dürre. Der Klimawandel ist mancherorts wie ein gefräßiges Monster. Zahlen belegen seine Zerstörungswut. So haben sich in den ersten sieben Jahren dieses Jahrhunderts Naturkatastrophen im Vergleich zur Dekade 1987-1997 verdoppelt.
Laut Weltklimarat ist der menschliche Einfluss auf das Klima inzwischen zehnmal größer als natürliche Faktoren. Auch in diesem Jahr stehen wieder Verhandlungen an, darunter im November der UN-Klimagipfel in Polen und die dazu gehörende Vorbereitungskonferenz im April in Bonn.
„Wir sehen die Veränderungen jeden Tag“, sagt Thinley Namgyel von der nationalen Umweltkommission in Bhutan. Bergpässe in dem Himalayastaat, die früher nur im Sommer passierbar waren, seien nun das ganze Jahr über offen. „Das Wetter verändert sich, aber nicht zu unseren Gunsten“, sagt Namgyel. „Unsere Gletscher schmelzen; das Risiko, dass die Seen am Fuß des Berges sich ausbreiten, steigt. Und trotzdem haben die Reisbauern zu wenig Wasser, weil der Monsun ausbleibt, der die Felder bewässert.“ Der Experte weiß, dass arme Staaten wie sein Heimatland vom Klimawandel am stärksten betroffen sind. Weil sie die wenigsten Ressourcen haben, um sich vor den Folgen zu schützen. Doch letztlich trifft der Wandel alle – auch die Industrienationen, die für einen Großteil der klimaschädlichen Emissionen verantwortlich sind, betont Namgyel.
„Wir sitzen alle in einem Boot, dieses Boot heißt Klimawandel, und wenn es untergeht, dann mit allen, die darin sind.“
Es geht um Schadensbegrenzung
Seine Kollegin Rachel Allen, die die Regierung von Jamaika in Umweltfragen berät, formuliert es so: „Wir sitzen alle in einem Boot, dieses Boot heißt Klimawandel, und wenn es untergeht, dann mit allen, die darin sind.“ Allen ist überzeugt, dass der Hurrikan Sandy im vergangenen Oktober ein lange überfälliger Weckruf war. US-Präsident Barack Obama habe nicht länger ignorieren können, „dass auch sein Land eine bessere Klimapolitik braucht.“ Eigentlich sei die Zeit zum Handeln schon vorbei, meint Allen. „Da wir die Uhr nicht zurückdrehen können, müssen wir jetzt sehen, wie wir noch größeren Schaden vermeiden können“, betont die Biologin. Der Schaden ist auch jetzt schon in Jamaika groß. „Es ist beängstigend, wenn ich über ein Korallenriff schnorchle, dass innerhalb weniger Monate von einer bunten Unterwasserwelt zu einem weißen Felsen wird. Die Fische sind weg, die Fischer haben keine Arbeit mehr“, erzählt Allen.
Anpassung an den Wandel fällt schwer
Koko Warner, Vorsitzende des Instituts für Umwelt und menschliche Sicherheit der Universität der Vereinten Nationen, hat viele Belege für ähnliche Geschichten zusammengetragen. Für die UN hat sie zusammen mit Wissenschaftlern in neun Ländern Menschen befragt, die direkt vom Klimawandel betroffen sind: Bauern, Fischer, Viehzüchter. Hunderte detaillierte Interviews und rund 1.600 Haushaltsbefragungen später ist klar: Das Fischerdorf in Jamaica wird kein Einzelfall bleiben. Viele Menschen versuchen, sich dem Wandel anzupassen, aber das ist oft teuer. Anderswo ist es selbst das nicht mehr möglich, weil die Veränderungen bereits zu tiefgreifend sind.
So wie in der pazifischen Inselföderation Mikronesien. Der Meeresspiegel steigt, die Bevölkerung, die hauptsächlich an der Küste lebt, hat nichts, was sie dem Wasser entgegensetzen kann. Und so bauen sie Jahrhunderte alte Gebäude ab, um daraus Material für Wellenbrecher zu gewinnen. Die benachbarten Familienfriedhöfe werden überschwemmt und zerstört. Kulturelles Erbe und Lebensgrundlagen verschwinden in den Tiefen des Meeres. Und immer noch fehlt es an verbindlichen Klimaabsprachen – das „Biest Klimawandel“ wird weiter gefüttert.
Von Barbara Mayrhofer