Dezentralisierung der Kirche gefordert
Bild: © KNA

Dezentralisierung der Kirche gefordert

Die katholische Kirche sollte sich nach Ansicht des brasilianischen Befreiungstheologen Leonardo Boff anders aufstellen. Es gehe nicht um die Zukunft der katholischen Kirche und des Christentums, sondern um die Bewahrung der Menschheit, sagte Boff der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitag).

Erstellt: 21.06.2013
Aktualisiert: 11.07.2015
Lesedauer: 

Die katholische Kirche sollte sich nach Ansicht des brasilianischen Befreiungstheologen Leonardo Boff anders aufstellen. Es gehe nicht um die Zukunft der katholischen Kirche und des Christentums, sondern um die Bewahrung der Menschheit, sagte Boff der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitag).

„Die Frage ist: Wie kann die katholische Kirche mit ihrer eigenen Geistigkeit und ihrem eigenen Potenzial dazu beitragen, dass wir ein neue Beziehung zwischen den Völkern entwickeln und eine neue Haltung zur Erde?“ Nur wenn die Kirche Antworten darauf finde, habe sie auch eine Zukunft.

Missionskongregation nach Asien?

Beispielhaft für konkrete Reformschritte nannte der Theologe eine Dezentralisierung der vatikanischen Behörden. „Die Missionskongregation muss nicht in Rom sitzen, die kann auch in Asien sein. Die Abteilung für Menschenrechte könne künftig in Lateinamerika, die für Gerechtigkeit und Frieden in Afrika und die für die Ökumene in Genf sitzen, von wo aus auch der Weltkirchenrat arbeite. Dies wäre, so Boff, „der erste Schritt hin zu einer wirklichen Globalisierung der katholischen Kirche“.

Dem neuen Papst Franziskus bescheinigte der ehemalige Franziskanerpater eine „revolutionäre Haltung“. Dieser verstecke sich nicht hinter seinem Amt, sondern zeige sich als Person. Schon allein dadurch ändere sich das Amt selbst. „Es wird nach Franziskus nicht mehr so ausgeübt werden können wie vorher.“ Im Vergleich zu seinem Vorgänger Benedikt XVI. entwerfe Franziskus ein „Alternativmodell“, so Boff: „Er zeigt, wie man dieses Amt anders ausüben kann, ohne Machtsymbole.“

In Kontakt mit Franziskus

Derzeit analysiert Franziskus nach Einschätzung Boffs noch die Situation im Vatikan. „Er will keine ungerechten Urteile fällen. In der Kurie leben ja nicht nur Banditen, es gibt ja auch sehr gute Leute.“ Wenn aber die Reform komme, „wird sie nicht oberflächlich sein, sondern in die Tiefe gehen“.

Der Vatikan hatte Boff 1985 ein Rede- und Lehrverbot erteilt; sieben Jahre später gab der Brasilianer sein Priesteramt auf und verließ den Franziskanerorden. Er steht nach eigenen Angaben mit Papst Franziskus in Kontakt. Er habe ihm „einige Papiere geschickt über das Gemeinwohl der Menschheit“, so der 74-Jährige. Franziskus habe „danach fragen lassen, er will das lesen“.