Hoffnung auf die „zweite Revolution“
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Hoffnung auf die „zweite Revolution“

Die Ereignisse in Ägypten überschlagen sich. Nach heftigen und zum Teil blutigen Protesten ist Präsident Mohammed Mursi nach einem Jahr im Amt vom Militär gestürzt worden, als neuer Interimspräsident wird Verfassungsgerichtschef Adli Mansur vereidigt, die Verfassung ist vorläufig außer Kraft gesetzt. Das Oberhaupt der koptisch-katholischen Kirche in der ägyptischen Provinz Assiut, Bischof Kyrillos William, spricht im Missio-Interview von einer „zweiten Revolution“: „Das ist eine große Freude für alle Ägypter. “

Erstellt: 04.07.2013
Aktualisiert: 11.07.2015
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Die Ereignisse in Ägypten überschlagen sich. Nach heftigen und zum Teil blutigen Protesten ist Präsident Mohammed Mursi nach einem Jahr im Amt vom Militär gestürzt worden, als neuer Interimspräsident wird Verfassungsgerichtschef Adli Mansur vereidigt, die Verfassung ist vorläufig außer Kraft gesetzt. Das Oberhaupt der koptisch-katholischen Kirche in der ägyptischen Provinz Assiut, Bischof Kyrillos William, spricht im Missio-Interview von einer „zweiten Revolution“: „Das ist eine große Freude für alle Ägypter. “

Gemeinsam seien Millionen Männer und Frauen auf die Straße gegangen, „Junge und Alte, einfach alle“, betont der Bischof. Muslime und Christen hätten Seite an Seite gestanden, „Kreuze und Koran nebeneinander“. Der 66-Jährige sieht in den aktuellen Entwicklungen eine große Chance für sein Land. Er ist voller Zuversicht, dass sich in Ägypten eine stabile Demokratie entwickeln wird. „Wir ziehen alle an einem Strang“, sagt er und verweist auf die enge Zusammenarbeit des Militärs mit den wichtigsten Oppositionsvertretern aus der islamischen Al-Azhar-Universität und der koptischen Kirche. „Wir begegnen einander mit Respekt.“

Klientelpolitik

Gemeinsames Ziel sei jetzt „ein Ägypten für alle Ägypter“, ohne Gewalt, Diskriminierung, Ausgrenzung und Unterdrückung. Den geschassten Präsidenten Mursi kritisiert der ägyptische Bischof scharf. Dieser habe bei seinem Amtsantritt erklärt, er werde der Präsident aller Ägypter und damit auch der Christen sein. Stattdessen habe er nur seine eigenen Interessen verfolgt und einen Staat allein für die sunnitisch-islamistische Bewegung der Muslimbrüder geschaffen. Mursis Regierung sei Schuld an der großen ökonomischen Krise im Land.

Der Bischof zeigt sich zuversichtlich, dass sich nach dem Sturz des Präsidenten sowohl die Wirtschaft des Landes als auch die Sicherheitslage deutlich verbessern werde. Angst vor einer islamistischen Radikalisierung hat der Bischof hingegen nicht. Er ist sich sicher, dass durch den Sturz Mursis die Muslimbruderschaft nachhaltig geschwächt wurde und im gesamten arabischen Raum an Einfluss verliert.

Ägypten steht in diesem Jahr als Beispielland im Mittelpunkt des traditionellen Sonntags der Weltmission im Oktober. Bischof Kyrillos William wird dabei als Gast von Missio zahlreiche Veranstaltungen in Deutschland begleiten. Der Geistliche wurde 1974 zum Priester geweiht. Er studierte an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom und wurde 1983 im Fach Bibelwissenschaft promoviert. Nach einigen Jahren als Vizerektor des Priesterseminars in Maadi wählte ihn die Synode der Koptisch-Katholischen Kirche zum Bischof. Christen sind in Ägypten in der deutlichen Minderheit: Von rund 82 Millionen Einwohnern gehören nur 10 Prozent dem christlichen Glauben an – unter ihnen 165.000 koptische Katholiken.

Von Antje Pöhner/Missio in München

Christen in Ägypten

Das katholische Missionswerk Missio engagiert sich in diesem Jahr besonders für die Christen zwischen Euphrat und Nil. Denn der Weltmissionssonntag 2013, an dem sich Katholiken weltweit und Missio in Deutschland engagieren, hat Ägypten als Partnerland. Weitere Informationen zum Weltmissionssonntag finden Sie bei > Missio Aachen > Missio München