Menschenrechtler warnen vor Militärdiktatur in Ägypten
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Menschenrechtler warnen vor Militärdiktatur in Ägypten

Nach dem Sturz des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi haben Menschenrechtsorganisationen vor einer Militärdiktatur gewarnt. Vertreter der koptischen Christen in Deutschland sowie Kirchenvertreter begrüßten die friedliche Entmachtung Mursis. Ägypten habe jetzt die Chance auf einen Neustart.

Erstellt: 05.07.2013
Aktualisiert: 11.07.2015
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Nach dem Sturz des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi haben Menschenrechtsorganisationen vor einer Militärdiktatur gewarnt. Vertreter der koptischen Christen in Deutschland sowie Kirchenvertreter begrüßten die friedliche Entmachtung Mursis. Ägypten habe jetzt die Chance auf einen Neustart.

Amnesty International (AI) rief die ägyptischen Sicherheitskräfte auf, die Menschenrechte zu schützen. „Es gibt begründete Sorge, dass es zu Repressalien und Racheakten kommt“, sagt Ägypten-Expertin Alexia Knappmann am Donnerstag in Berlin. Die Armee habe bereits verkündet, auf jegliche Gewalt mit Entschlossenheit und Härte zu reagieren. „Das Militär und die Polizei hat sich in der Vergangenheit immer wieder schwerer Menschenrechtsverletzungen wie Folter und der Anwendung exzessiver Gewalt gegen Demonstranten schuldig gemacht.“ Niemand dürfe für die friedliche Ausübung des Demonstrationsrechtes bestraft werden.

Auch die Menschenrechtsorganisation „Reporter ohne Grenzen“ sieht unter Verweis auf die Schließung Mursi nahestehender TV-Sender die Pressefreiheit in Gefahr. Die neuen Machthaber versuchten offenbar mit allen Mitteln, eine kritische Berichterstattung zu verhindern, forderte Geschäftsführer Christian Mihr. Jetzt müsse zügig eine Verfassung ausgearbeitet werden, die die Pressefreiheit und andere Menschenrechte schütze.

Damian und Missio begrüßen Entmachtung

Der koptische Bischof für Deutschland, Anba Damian, begrüßte die friedliche Entmachtung von Mursi. Er habe die große Hoffnung, dass es mit dem Land wieder aufwärts gehe und dass die koptischen Christen in Ägypten gleichberechtigt würden, sagte Damian in Höxter der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Unter dem Deckmantel des Islam hätten die Muslimbrüder vor allem eigene Interessen verfolgt und eine korrupte Herrschaft errichtet. Das ägyptische Volk habe jedoch gemerkt, dass eine islamistische Regierung nicht die Lösung für die vielfältigen Probleme des Landes biete, so Damian.

Der koptisch-katholische Patriarch Ibrahim Sedrak erklärte in Kairo, die Armee habe ihre Verantwortung für das Wohlergehen Ägyptens wahrgenommen. Auch das katholische Hilfswerk Missio Aachen begrüßte die Entwicklung. „Wir hoffen, dass die demokratische Revolution durch die aktuellen Ereignisse eine zweite Chance erhält“, sagte Nahost-Referent Matthias Vogt. Dass auch der koptisch-orthodoxe Papst Tawadros II. in die Entscheidung über eine Entmachtung des Präsidenten eingebunden worden seien, bedeute „eine Kehrtwende in der Politik Ägyptens“.

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Misereor: Solidarität mit den Demonstranten

Das Hilfswerk Misereor erklärte sich solidarisch mit den Demonstranten. Sie sollten ihre Meinung „frei von Angst und ohne Einschüchterung“ kundtun können. In der Nacht zum Donnerstag kam es dem Hilfswerk zufolge vor allem in Oberägypten zu Ausschreitungen. In der Stadt Al-Minya wurden demnach Autos und Läden zerstört und zum Teil in Brand gesetzt. Bei den gewalttätigen Zusammenstößen kamen den Angaben zufolge drei Menschen ums Leben, 20 wurden verletzt.

Der deutsche Theologen Frank van der Velden erklärte in Kairo, der Umsturz sei „keine Kampfansage gegen islamische Werte“. Die Bevölkerung und das Militär hätten Mursi „nicht deswegen abgesetzt, weil er islamische Werte vertritt – deswegen wurde er gewählt –, sondern weil er die wirtschaftlichen und sozialen Probleme des Landes nicht angepackt hat“, sagte der Mitarbeiter der deutschen katholischen Gemeinde in Kairo am Donnerstag. In Ägypten habe eine Politik Schiffbruch erlitten, die Probleme aus einer islamistischen Geisteshaltung heraus habe lösen wollen, sagte der Theologe. „Die Leute wollen, dass das Land vorankommt, nicht, dass man über kulturelle und religiöse Fragen diskutiert.“

„Das war ein deutliches Signal: Ägypten gehört zusammen, und es besteht aus Muslimen und Christen.“

—  Zitat: Joachim Schroedel

Der Leiter der deutschen katholischen Gemeinde, Joachim Schroedel, nannte es ein gutes Zeichen, dass die Militärs auch Großscheich Ahmed Al-Tayyeb und Patriarchen Tawadros II. eingebunden hätten. „Das war ein deutliches Signal: Ägypten gehört zusammen, und es besteht aus Muslimen und Christen“, sagte Schroedel. Dem „Münchner Kirchenradio“ sagte Schroedel, die Absetzung Mursis sei ein „wichtiges Signal“ für jeden künftigen Herrscher Ägyptens. Das ägyptische Volk habe bewiesen, dass es sowohl eine weltliche als auch eine religiöse Diktatur ablehne.

Christen in Ägypten

Das katholische Missionswerk Missio engagiert sich in diesem Jahr besonders für die Christen zwischen Euphrat und Nil. Denn der Weltmissionssonntag 2013, an dem sich Katholiken weltweit und Missio in Deutschland engagieren, hat Ägypten als Partnerland. Weitere Informationen zum Weltmissionssonntag finden Sie bei > Missio Aachen > Missio München