Wie fair ist fairer Handel?
Viele unserer Genussmittel sind Importwaren aus Entwicklungsländern. Kaffee, Tee oder Bananen wachsen und gedeihen nur in fernen Ländern, in denen viele Menschen hart arbeiten und dabei täglich um ihre Existenz kämpfen. Immer mehr Konsumenten ist es deshalb wichtig, dass diese Güter aus fairem Handel stammen. Sie möchten das gute Gefühl haben, nicht nur selbst zu genießen, sondern mit dem Kauf dieser Waren irgendwo auf der Welt armen Kleinbauern zu helfen.
Aktualisiert: 18.07.2023
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Viele unserer Genussmittel sind Importwaren aus Entwicklungsländern. Kaffee, Tee oder Bananen wachsen und gedeihen nur in fernen Ländern, in denen viele Menschen hart arbeiten und dabei täglich um ihre Existenz kämpfen. Immer mehr Konsumenten ist es deshalb wichtig, dass diese Güter aus fairem Handel stammen. Sie möchten das gute Gefühl haben, nicht nur selbst zu genießen, sondern mit dem Kauf dieser Waren irgendwo auf der Welt armen Kleinbauern zu helfen.
Über fünf Milliarden Euro wurden im vergangenen Jahr mit fair gehandelten Produkten umgesetzt. Die Verbraucher waren bereit, für das Stückchen mehr Gerechtigkeit auch ein wenig mehr Geld auszugeben. Wie fair aber ist dieser Handel? Der französische Filmemacher Donatien Lemaitre wollte es genau wissen. Er begab sich auf die Reise zu den Farmen und Plantagen, von denen jener Kaffee und Tee, jene Bananen stammen, die, gekennzeichnet durch ein Siegel, als Waren aus fairem Handel in unsere Läden kommen. Die Ergebnisse seiner Recherchen hat Lemaitre in dem Film „Der faire Handel auf dem Prüfstand“ zusammengefasst, der heute um 21.45 Uhr von Arte ausgestrahlt wird.
Die Reise beginnt in Mexiko
Die Reise beginnt bei einer Kooperative von Kleinbauern in Mexiko. Seit 20 Jahren arbeiten Andres Ruiz Gomez und seine Kollegen mit einer Organisation des fairen Handels zusammen. Jeden Morgen bitten sie Gott vor der Arbeit im Gebet darum, dass der Wert ihrer Arbeit anerkannt werde. Die Zusammenarbeit mit der Fair-Trade-Organisation sichert ihnen einen stabilen Preis für ihre Kaffeebohnen, der zudem höher liegt als der, den sie bei den „Kojoten“ bekämen. „Kojoten“ ist der Name, den die Bauern den Aufkäufern der internationalen Kaffeeproduzenten geben. Die Kleinbauern führen ein schweres Leben. Andres ist stolz darauf, dass er seinen Kindern eine gute Ausbildung ermöglichen kann. Solange sie noch zu Hause leben, müssen aber schon die Kleinsten mit zupacken.
Der Marktanteil des fair gehandelten Kaffees konnte in den vergangen Jahren von 0,1 Prozent auf 3 bis 4 Prozent gesteigert werden. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass sich auch die großen Supermarktketten in Europa am Vertrieb beteiligen. Hier macht der Autor eine irritierende Entdeckung: Ihre Gewinnspanne ist bei fair gehandeltem Kaffee deutlich höher als bei konventionell erzeugtem. Der Aufpreis fließt also offensichtlich nicht nur direkt an die armen Erzeuger – wie die Kunden glauben.
Hochburg der Fair-Trade-Bananen
Die Dominikanische Republik ist die Hochburg der fair gehandelten Bananen. Hier finden sich die Ungereimtheiten nicht bei den Händlern in Europa, sondern vor Ort. Die Kleinbauern beschäftigen haitianische Arbeiter, die meist illegal im Land sind und schlecht bezahlt werden. Mit dem Fair-Trade-Siegel auf ihren Bananen verdient auch die Besitzerin einer 215 Hektar großen Bananenplantage sehr gut. Sie kann sich einen äußerst luxuriösen Lebensstil leisten.
Stück für Stück zeigt Lemaitre, dass beim Versuch, den fairen Handel in die großen Märkte einzuführen, vieles von der guten Grundidee auf der Strecke geblieben ist. Die PR-Strategen einiger Handelskonzerne haben es verstanden, den Wunsch der Verbraucher nach gerechter Bezahlung für die Produzenten für den eigenen Profit zu verwerten.
„Gott, wir bitten dich, die Dinge zu ändern.“
„Artisans du monde“ in Frankreich und die Weltläden in Deutschland vermarkten ihre Produkte ohne Gewinn. Viele ehrenamtliche Helfer sind dort tätig. Gerade für sie ist dieser Film mit seinen schmerzhaften Erkenntnissen wichtig. Die Kunden sollten wissen, was sie wo kaufen und was dahinter steckt. Am Ende dieses Berichtes kann sich der Zuschauer nur dem Gebet der mexikanischen Bauern anschließen: „Gott, wir bitten dich, die Dinge zu ändern.“
Von Monika Herrmann-Schiel