„Westen hat Mitschuld am Flüchtlingsdrama“
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„Westen hat Mitschuld am Flüchtlingsdrama“

Am Flüchtlingsdrama im Mittelmeer trägt die westliche Politik aus Sicht der kirchlichen Stiftung Migrantes eine Mitschuld. Jahrelang habe die internationale Politik nichts für demokratische und lebenswerte Bedingungen in Diktaturen in Nordafrika und dem Nahen Osten getan, sagte Stiftungsdirektor Monsignore Giancarlo Perego am Montag Radio Vatikan. Europa müsse sich darauf einstellen, dass künftig deutlich mehr Menschen die Flucht über das Mittelmeer versuchten. Inzwischen kämen sie aus dem Nahen Osten, vor allem aus Syrien. Die Stiftung Migrantes wird von der Italienischen Bischofskonferenz gefördert.

Erstellt: 13.08.2013
Aktualisiert: 11.07.2015
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Am Flüchtlingsdrama im Mittelmeer trägt die westliche Politik aus Sicht der kirchlichen Stiftung Migrantes eine Mitschuld. Jahrelang habe die internationale Politik nichts für demokratische und lebenswerte Bedingungen in Diktaturen in Nordafrika und dem Nahen Osten getan, sagte Stiftungsdirektor Monsignore Giancarlo Perego am Montag Radio Vatikan. Europa müsse sich darauf einstellen, dass künftig deutlich mehr Menschen die Flucht über das Mittelmeer versuchten. Inzwischen kämen sie aus dem Nahen Osten, vor allem aus Syrien. Die Stiftung Migrantes wird von der Italienischen Bischofskonferenz gefördert.

Am Samstag waren kurz vor der sizilianischen Küste bei Catania sechs ägyptische Bootsflüchtlinge ertrunken, darunter eine Minderjährige. Allein in den vergangenen Tagen unternahmen Hunderte Migranten die gefährliche Überfahrt in Richtung Italien. Vatikansprecher Federico Lombardi sagte nach dem Drama vor Catania, Papst Franziskus sei in Gedanken bei den Migranten.

Flüchtlingsansturm auch in Spanien

Neben Italien ist auch die spanische Küste ein Ziel vieler Migranten aus Nordafrika. Erst am vergangenen Montag hat die spanische Küstenwache 59 afrikanische Bootsflüchtlinge in der Meerenge von Gibraltar gerettet. Laut Medienberichten waren die illegalen Einwanderer, darunter mehrere Schwangere, auf dem Weg von Marokko an die spanische Südküste bei Tarifa. Die Flüchtlinge seien in ihren Plastikschlauchbooten in Seenot geraten und hätten per Handy die spanische Küstenwache alarmiert.

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Aufgrund der hohen Schlepperprämien von Menschenhändlern versuchen immer mehr Flüchtlinge, auf eigene Faust und in Schlauchbooten die nur 14 Seemeilen breite Meerenge zwischen Marokko und Spanien zu überwinden. Für viele endet die Fahrt tödlich.

Stiftungsdirektor Perego beklagte im Interview mit Radio Vatikan mafiöse Strukturen der Menschenschmuggler, die von der Not der Flüchtlinge profitierten. Zudem gebe es in Europa kein ausreichendes System für eine würdige Aufnahme von Asylsuchenden. Es fehle an internationaler Zusammenarbeit. Viele Länder hätten ihre Ausgaben in diesem Bereich zurückgefahren, so der Geistliche. Er warnte vor einer Haltung, die Barrieren aufbaue statt Türen zu öffnen, so Perego. Wer als Flüchtling nach Europa komme, brauche Aufmerksamkeit und Begleitung.

Woelki: Mehr Flüchtlinge aufnehmen

Auch Kardinal Rainer Maria Woelki hatte sich am Wochenende für eine stärkere Aufnahme von Flüchtlingen ausgesprochen. „Wir sollten stolz sein, dass wir ihnen diesen Schutz bieten können, und unsere Türen wieder weiter öffnen", sagte der Berliner Erzbischof am Samstag im RBB-Hörfunk. Das entspreche dem christlichen Menschenbild.

Weltweit seien 40 Millionen Menschen auf der Flucht, erklärte Woelki. Von ihnen komme nur ein Bruchteil nach Deutschland. „Vor ihnen sollten wir uns nicht fürchten“, betonte der Kardinal. Vor 20 Jahren sei die Zahl der Asylsuchenden allein in Westdeutschland bis zu zehn Mal höher gewesen als heute. „Auch damals ist unsere Gesellschaft nicht auseinandergebrochen“, so Woelki. Die menschliche Qualität einer Gesellschaft zeige sich an ihrem Umgang mit den Schwachen, so der Kardinal.

(Radio Vatikan/KNA)