„Die Kirche ist entsetzt“
Bild: © KNA

„Die Kirche ist entsetzt“

Die blutigen Auseinandersetzungen zwischen Militär und den islamistischen Anhängern des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi gehen weiter. Auch die christliche Minderheit in Ägypten bekommt die Welle der Gewalt zu spüren. Laut Angaben des vatikanischen Pressedienst „Asianews“ sind in den vergangenen Tagen mindestens 58 Kirchen, Klöster und andere christliche Einrichtungen angegriffen worden. Wie die Kirche darauf reagiert und wie die Zukunft der Christen im Land am Nil aussieht, darüber berichtet Missio-Referent Dr. Matthias Vogt im Interview mit dem Internetportal Weltkirche.

Erstellt: 19.08.2013
Aktualisiert: 11.07.2015
Lesedauer: 

Die blutigen Auseinandersetzungen zwischen Militär und den islamistischen Anhängern des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi gehen weiter. Auch die christliche Minderheit in Ägypten bekommt die Welle der Gewalt zu spüren. Laut Angaben des vatikanischen Pressedienst „Asianews“ sind in den vergangenen Tagen mindestens 58 Kirchen, Klöster und andere christliche Einrichtungen angegriffen worden. Wie die Kirche darauf reagiert und wie die Zukunft der Christen im Land am Nil aussieht, darüber berichtet Missio-Referent Dr. Matthias Vogt im Interview mit dem Internetportal Weltkirche.

Frage: Unter den blutigen Auseinandersetzungen zwischen Militär und Anhängern der Muslimbruderschaft leiden auch die Christen in Ägypten. Laut Berichten sind in der vergangenen Woche zahlreiche christliche Einrichtungen angegriffen worden. Wie reagiert die Kirche darauf?

Vogt: Die Kirchenvertreter sind von dem Ausmaß der Gewalt entsetzt. Es waren vor allem zwei Tage – vergangenen Mittwoch und Donnerstag –, an denen die Gewalt gegen Christen so eskaliert ist. Damit hatte niemand gerechnet. Konkret haben sich alle drei Vertreter der großen christlichen Kirchen in Ägypten zu Wort gemeldet: Der koptisch-orthodoxe Papst Tawadros II. hat das Volk zur Ruhe aufgefordert, aber auch seine Unterstützung für die Sicherheitskräfte, die gegen Gewalttäter vorgehen, zum Ausdruck gebracht. Auch der katholische Patriarch Ibrahim und die evangelische Kirche haben sich entsprechend geäußert. Darüber hinaus sind alle Kirchenvertreter sehr enttäuscht über die Medienberichterstattung im Westen. Sie haben den Eindruck, dass die Muslimbrüder als Opfer einer Gewaltregierung dargestellt werden.

Frage: Wie sieht die Zukunft der Christen in dem Land am Nil aus? Ist ein friedliches Zusammenleben der Religionen überhaupt noch denkbar?

Bild: © Missio Aachen

Vogt: Alle Kirchenvertreter glauben an ein friedliches Zusammenleben. Es gibt einen ergreifenden Brief , den der katholische Bischof von Minia am Mittwochabend unter dem Eindruck brennender Kirchen und Klöster an die muslimische Bevölkerung Ägyptens geschrieben hat. Darin fragt er enttäuscht: „Glaubt ihr, dass ihr durch das Anzünden von Kirchen auch die Christen verbrennen könnt? Glaubt ihr, dass ihr uns durch das Anzünden von Kirchen zwingen könnt, euch zu hassen?“ Daran sieht man, dass die Kirchenvertreter an ein friedliches Miteinander glauben. Sie appellieren auch an die Mehrheit der vernünftigen und moderaten Muslime, sich vor die Christen zu stellen – und ihr Ruf wird gehört: Am Wochenende haben einige Muslime schützend Kirchen umringt, damit es während der Gottesdienste nicht zu Angriffen von Gewalttätern kommt.

Frage: Wie können wir hier in Deutschland konkret helfen?

Vogt: Die ägyptische Kirche ruft uns dazu auf, unsere Solidarität im Gebet zu zeigen. Wenn sich in den kommenden Wochen und Monaten die Lage beruhigt hat und eine Bilanz der Schäden vorliegt, wird jedoch auch materielle Hilfe zum Wiederaufbau nötig sein.

Das Interview führte Lena Kretschmann.

www.missio-hilft.de

Missio-Blog

Weitere Informationen und Augenzeugen-Berichte von Christen aus Ägypten finden Sie im Missio-Blog:

Video-Tipp

Lokalzeit aus Aachen vom 19.08.2013: Misereor und Missio Aachen zeigen sich in großer Sorge um die Lage der Christen in Ägypten: