
Papst ruft zum Gebet für Ägypten auf
Papst Franziskus hat am Sonntag erneut zum Gebet für Ägypten aufgerufen. Im Blick auf das Christentum sagte er, Glaube und Gewalt seien unvereinbar. Die Stärke der christlichen Religion liege in „der Kraft der Sanftmut, der Kraft der Liebe“, so der Papst auf dem Petersplatz in Rom. Am Samstag hatte das vatikanische Presseamt mitgeteilt, der Papst beobachte die Eskalation der Gewalt am Nil mit „wachsender Sorge“.
Aktualisiert: 11.07.2015
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Papst Franziskus hat am Sonntag erneut zum Gebet für Ägypten aufgerufen. Im Blick auf das Christentum sagte er, Glaube und Gewalt seien unvereinbar. Die Stärke der christlichen Religion liege in „der Kraft der Sanftmut, der Kraft der Liebe“, so der Papst auf dem Petersplatz in Rom. Am Samstag hatte das vatikanische Presseamt mitgeteilt, der Papst beobachte die Eskalation der Gewalt am Nil mit „wachsender Sorge“.
Unterdessen verbreitete der vatikanische Pressedienst Asianews eine Aufstellung, nach der in den vergangenen Tagen in Ägypten mindestens 58 Kirchen, Klöster und andere christliche Einrichtungen angegriffen wurden. Hauptsächlich betroffen sei die Gemeinschaft der Kopten. Auch 14 katholische Gebäude – neun Kirchen, vier Klöster und eine Schule – seien attackiert und teilweise zerstört worden, so der am Wochenende veröffentlichte Bericht.
Kirche steht hinter Polizei und Militär
Die Führung der koptischen Christen in Ägypten bekundete ihren Rückhalt für das Vorgehen der Regierung gegen die islamistischen Anhänger des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi. Die Kirche stehe hinter Polizei und Militär, hieß es in einer Erklärung. Zugleich warf die Kirchenleitung unter Papst Tawadros II. westlichen Medien eine verfälschende Darstellung vor. Der Westen müsse „die Fakten der Ereignisse objektiv lesen“ und dürfe „diesen terroristischen und blutrünstigen Gruppen keinen internationalen und politischen Schutz geben“, so die Stellungnahme.
Angesichts der Gewalt rief die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Göttingen dazu auf, christliche Flüchtlinge aus Ägypten in Europa großzügig aufzunehmen. „Die Religionsfreiheit für Christen ist in Ägypten nicht mehr gewährleistet“, teilte die Gesellschaft am Sonntag mit. Ägyptens Christen hätten in dieser Woche die schlimmste Gewalt seit sechs Jahrhunderten erlebt. In ihrer Heimat hätten sie immer weniger Perspektiven und fürchteten um ihre Sicherheit.
38 Kirchen vollständig zerstört
Nach Informationen der GfbV sind seit Mittwoch in neun Provinzen Ägyptens 38 Kirchen vollständig zerstört und 23 weitere Kirchen, Klöster und Schulen massiv beschädigt worden. Afrika-Referent Ulrich Delius sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), die Angaben stützten sich auf verschiedene koptische Organisationen. Demnach wurden rund 110 Geschäfte sowie drei Hotels koptischer Christen angegriffen und geplündert. In manchen der attackierten Kirchen hätten anschließend Islamisten gebetet. Die Übergriffe geschähen vor allem außerhalb der großen Städte, so Delius.
Misereor-Partner angegriffen
Von der Eskalation der Gewalt in Ägypten sind in der vergangenen Woche auch Partner des katholischen Entwicklungshilfswerks Misereor in Oberägypten schwer getroffen worden: Am Mittwoch und Donnerstag hat eine Gruppe bewaffneter Männer den Campus der Hilfsorganisation Jesuit and Brothers Development Association (JBA) in der Stadt Al-Minya angegriffen und weitestgehend zerstört. Sie bedrohten die Angestellten der Organisation, plünderten die Büros und andere Teile der Gebäude, stahlen Computer, Möbel und Geld und setzten das Gebäude dann in Brand, berichtete das katholische Hilfswerk am vergangenen Freitag.
„Die Angreifer haben auch unsere Autos und Busse in Brand gesetzt, die Bibliothek und der Kindergarten sind völlig zerstört“, berichtete ein Angestellter der Organisation. „Seit Jahrzehnten arbeiten wir, Muslime und Christen, hier zusammen. Unsere Tore waren immer geöffnet. Die Menschen aus der Nachbarschaft, egal welcher Konfession, kommen hierher, vertrauen uns ihre Kinder an und nehmen an unseren Weiterbildungsprogrammen teil. Wir sind erschüttert, dass diese Arbeit aus politisch motivierten Gründen jetzt zunichte gemacht wird.“ Laut Aussage des Entwicklungshilfswerks wird Misereor seine Partnerorganisation JBA beim Wiederaufbau des Campus unterstützen.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte Angriffe auf Kirchen, Krankenhäuser und öffentliche Einrichtungen in Ägypten am Wochenende als inakzeptabel verurteilt. Er rief Demonstranten und Behörden zu „maximaler Zurückhaltung“ auf.
„Wo bleibt die Solidarität?“
Indes rief der Referent in der Diözesanstelle Weltkirche des Erzbistums Köln, Nadim K. Ammann, zum Gebet für den Frieden in Ägypten aus. Der Ägypten-Experte ist erst kürzlich von einer Reise nach Kairo zurückgekehrt. Im Missio-Blog beklagte Ammann in der vergangenen Woche die fehlende Solidarität mit den Christen im Land am Nil. Es sei unverständlich, dass sich der Westen angesichts brennender Kirchen und getöteter Priestern immer noch für eine Einbindung der Muslimbrüder einsetze.
(KNA/Misereor/Missio Aachen)