
Kirchen wollen Flüchtlinge aufnehmen
Angesichts voller Flüchtlingsunterkünfte in vielen Teilen der Bundesrepublik bemühen sich vermehrt Kirchen um Notlösungen. Unter anderem im Bistum Würzburg laufen nach Informationen der „Welt“ (Freitag) Gespräche mit einer kirchlichen Einrichtung über die Frage, ob man in deren Räumen Flüchtlinge angemessen unterbringen könnte. Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Freisinger Bischofskonferenz, der auch das Bistum Würzburg angehört, schrieb der „Welt“ zufolge bereits im Juli einen Brief mit der Bitte, die Unterbringung von Flüchtlingen in den Bistümern zu prüfen.
Aktualisiert: 12.07.2015
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Angesichts voller Flüchtlingsunterkünfte in vielen Teilen der Bundesrepublik bemühen sich vermehrt Kirchen um Notlösungen. Unter anderem im Bistum Würzburg laufen nach Informationen der „Welt“ (Freitag) Gespräche mit einer kirchlichen Einrichtung über die Frage, ob man in deren Räumen Flüchtlinge angemessen unterbringen könnte. Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Freisinger Bischofskonferenz, der auch das Bistum Würzburg angehört, schrieb der „Welt“ zufolge bereits im Juli einen Brief mit der Bitte, die Unterbringung von Flüchtlingen in den Bistümern zu prüfen.
Im Erzbistum München-Freising sind Menschen bereits in einigen leer stehenden Pfarrhäusern untergebracht. Außerdem gibt es in München ein Jugendhaus der Caritas, in dem 50 minderjährige Flüchtlinge wohnen. Sie erhalten dort Sprachkurse und je nach Alter auch eine Berufsausbildung. In der vergangenen Woche erhielten laut dem Bericht alle Pfarrgemeinden des Erzbistums noch einmal einen Brief des Generalvikars mit der Bitte, zu prüfen, ob es weitere Möglichkeiten zur Unterbringung gebe. Darauf habe es bereits mehrere positive Rückmeldungen gegeben.
Zollitsch: Mehr syrische Flüchtlinge aufnehmen
Auch die beiden katholischen Südwestbistümer wollen in kirchlichen Gebäuden Flüchtlinge aufnehmen. Derzeit liefen mit mehreren Kommunen Gespräche, um passende Räume für Neuankömmlinge aus Syrien zu finden, sagte ein Sprecher des Erzbistums Freiburg. Wichtig sei es, zentral gelegene Immobilien zu finden, damit die Flüchtlinge nicht isoliert würden. Er hoffe bis Ende Oktober auf konkrete Ergebnisse. Erzbischof Robert Zollitsch, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, hatte wiederholt gefordert, mehr Syrer in Deutschland aufzunehmen.
Im Bistum Rottenburg-Stuttgart soll ein „Beauftragter für Flüchtlingsfragen“ die Hilfsangebote der Diözese bündeln und koordinieren. Bischof Gebhard Fürst sprach sich dafür aus, Räume im größtenteils leerstehenden Kloster Weingarten als Flüchtlingsunterkünfte zu nutzen. Zugleich solle bistumsweit nach weiteren Aufnahmemöglichkeiten gesucht werden.

Das Erzbistum Berlin bemüht sich ebenfalls um Lösungen. Gemeinsam mit Kardinal Rainer Maria Woelki bot der Diözesancaritasverband schon vor einem Jahr ein leerstehendes Altenheim in Berlin-Wedding als Unterkunft für Flüchtlingsfamilien an, wie Caritasdirektorin Ulrika Kostka am Freitag erklärte.
Dort könnten 80 Menschen unterkommen. An dem Haus seien jedoch noch Baumaßnahmen wegen Brandschutzauflagen erforderlich. Die Verhandlungen mit dem Landesamt für Gesundheit und Soziales zögen sich jedoch seit Monaten in die Länge. Es müssten aber schnell Lösungen gefunden werden, forderte Kostka. Zudem erwägt das Erzbistum nach eigenen Angaben, einen Teil des Bildungshauses Sankt Konrad in Schöneiche für die Aufnahme von Flüchtlingen umzubauen. Dafür gebe es ein ernsthaftes Angebot des Kreises.
„Deutschland darf nicht zu den Bremsklötzen gehören.“
Hilfswerke fordern Neuausrichtung
Die Präsidentin von Diakonie-Katastrophenhilfe und Brot für die Welt , Cornelia Füllkrug-Weitzel, mahnte in der „Welt“ dringende Reformen in der Flüchtlingspolitik an: „Deutschland darf nicht zu den Bremsklötzen gehören.“ In Europa sei eine grundsätzliche Neuausrichtung nötig. Der Hebel im Kopf sowie die europäische und deutsche Gesetzgebung müssten von Abwehr und Abschottung hin zu einem ausreichenden völkerrechtlichen Rahmen für Migration und faire Asylverfahren umgelegt werden.
Auch das katholische Entwicklungshilfswerk Misereor rief die Bundesregierung und die Staatengemeinschaft der Europäischen Union zu mehr Solidarität und einer anderen Einwanderungspolitik auf. „Misereor steht an der Seite der Armen, Schwachen und Marginalisierten dieser Welt“, sagte Monsignore Pirmin Spiegel, Misereor-Hauptgeschäftsführer, am vergangenen Donnerstag in Aachen. „Den Flüchtlingen, die unter großen Risiken ihre Heimatländer verlassen, darf der Zugang zu dem Gebiet der Europäischen Union und zu einem Asylverfahren nicht verwehrt werden.“ Die gegenwärtige EU-Politik scheine eher von Abschottung und Abwehr geprägt zu sein, so Spiegel.