
Anschlag auf Kirche in Kairo
Bei einem Anschlag auf eine koptische Kirche in Kairo sind am Sonntagabend mindestens vier Menschen ums Leben gekommen, darunter ein achtjähriges Mädchen und ein zwölfjähriger Junge. 18 weitere Personen wurden nach Behördenangaben verletzt. Die Polizei nahm am Montag mehrere Verdächtige fest, wie die ägyptische Zeitung „Al-Masry Al-Youm“ meldete.
Aktualisiert: 12.07.2015
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Bei einem Anschlag auf eine koptische Kirche in Kairo sind am Sonntagabend mindestens vier Menschen ums Leben gekommen, darunter ein achtjähriges Mädchen und ein zwölfjähriger Junge. 18 weitere Personen wurden nach Behördenangaben verletzt. Die Polizei nahm am Montag mehrere Verdächtige fest, wie die ägyptische Zeitung „Al-Masry Al-Youm“ meldete.
Zwei Täter auf einem Motorrad hatten das Feuer auf eine Hochzeitsgesellschaft eröffnet, als diese das Gotteshaus im Stadtteil Al-Warak im Norden Kairos verließ. Ägyptens Regierung, islamische Spitzenvertreter und der koptisch-katholische Bischof Kyrillos William verurteilten die Tat. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) mahnte, die Sicherheitskräfte müssten alle Ägypter schützen, auch Christen.
Ägyptens Ministerpräsident Hasem al-Beblawi erklärte bereits am Montagmorgen, die Polizei werde alles tun, um die Täter vor Gericht zu bringen. Den Terroristen werde es nicht gelingen, die ägyptischen Muslime und Christen zu spalten. Großmufti Schawki Ibrahim Allam, der höchste muslimische Geistliche, sagte laut ägyptischen Medienberichten, Attacken auf Kirchen seien von der Scharia verboten. Der Prophet Mohammed betrachte solche Handlungen als Angriffe gegen Gott. Muslime wie Christen müssten sich gegen Sektendenken zusammenschließen.
Auch der Großscheich der Al-Azhar-Universität, Ahmed al-Tayyeb, verurteilte den Anschlag laut Medienberichten. Die Tat stehe in Widerspruch zu Religion und Moral, sagte der geistliche Leiter der Hochschule, die eines der wichtigsten Lehrinstitute des sunnitischen Islam ist. Er und Großmufti Allam sprachen den Hinterbliebenen ihr Beileid aus.
Muslimbruderschaft distanziert sich von der Tat
Generalmajor Hani Abdel Latif, Sprecher des Innenministeriums, versuchte der Darstellung entgegenzutreten, der Anschlag sei religiös motiviert. Abdel Latif verwies laut „Al-Masry Al-Youm“ darauf, drei der Verletzten seien Muslime. Die salafistische Nour-Partei sprach nach Angaben der Zeitung „Egypt Independent“ von einer „kriminellen“ Tat. Auch die islamistische Muslimbruderschaft distanzierte sich einem Bericht von „Ahram Online“ zufolge von der Tat und kritisierte mangelnden Polizeischutz für die Kirche.

„Mit Religion nichts zu tun“
Der koptisch-katholische Bischof der Diözese Assiut, Kyrillos William, bezeichnete den Anschlag indes als „eine terroristische Tat von Islamisten“. Weiterhin betonte er, das Handeln der Islamisten habe mit Religion nichts zu tun. Sie wollten Misstrauen zwischen dem Volk und der derzeitigen Regierung säen und zeigen, dass das Militär die Christen nicht schützen könne, sagte Bischof Kyrillos am Dienstag in München. William erklärte sich solidarisch mit den koptisch-orthodoxen Christen. „Wir katholischen Kopten stehen an der Seite unserer orthodoxen Brüder und Schwestern. Wir wissen aber auch, dass die vielen moderaten Muslime derartige Terrorakte verurteilen und mit uns auf ein demokratisches Ägypten hinarbeiten wollen“, unterstrich der Kirchenmann, der sich zurzeit auf Einladung des Internationalen Katholischen Missionswerks Missio München in Bayern aufhält. Missio feiert am 27. Oktober bundesweit den Sonntag der Weltmission .
„Wir wissen aber auch, dass die vielen moderaten Muslime derartige Terrorakte verurteilen und mit uns auf ein demokratisches Ägypten hinarbeiten wollen.“
Missio Aachen bestürzt über den Anschlag
Das Schwesternwerk Missio in Aachen zeigte sich bestürzt über den Anschlag auf die Hochzeitsgemeinschaft in Kairo. „Es ist entsetzlich, dass in Ägypten erneut Christen zur Zielscheibe politischer Auseinandersetzungen werden“, sagte Missio-Präsident Prälat Klaus Krämer am Dienstag in Aachen. Mit Blick auf den Monat der Weltmission , in dem sich in diesem Jahr alles um die Kirche in Ägypten dreht, erklärte Krämer: „Nach intensiven Begegnungen mit unseren ägyptischen Partnern in den letzten Tagen und Wochen berühren uns die Ereignisse in ihrer Heimat besonders stark. Wir beten für die Menschen in Ägypten und hoffen auf eine friedliche Entwicklung ihres Landes.“
Union verurteilt Attentat
Auch die Unions-Fraktion im Bundestag verurteilte den „heimtückischen Anschlag“. Der außenpolitische Sprecher, Philipp Mißfelder (CDU) betonte: „Nachdem der Terror gegen Christen nun auch die ägyptische Hauptstadt erreicht hat, sind die ägyptischen Sicherheitskräfte umso mehr aufgefordert, Leib und Leben der christlichen Minderheit in Ägypten zu schützen.“ Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) hatte immer wieder betont, dass sich die Zukunft Ägyptens auch an der Frage der Religionsfreiheit entscheide.
Nach einer von Amnesty International am 9. Oktober veröffentlichten Untersuchung wurden seit der Niederschlagung der Pro-Mursi-Proteste durch die ägyptische Polizei und das Militär mehr als 200 christliche Gebäude in Ägypten angegriffen und 43 Kirchen zerstört oder schwer beschädigt. Die koptischen Christen stellen rund zehn Prozent der ägyptischen Bevölkerung von insgesamt 85 Millionen. Genaue Angaben schwanken. (lek mit kna)