
Zentralafrika: Kein Ende des Blutvergießens
Religionsführer von Christen und Muslimen in der Zentralafrikanischen Republik haben sich für ein starkes Mandat der geplanten UN-Mission ausgesprochen. Ohne äußere Unterstützung auch durch die EU drohe ihre Heimat auseinanderzubrechen und im Chaos zu versinken, sagten sie am Montag in Berlin. Es bestehe sogar die Gefahr eines Genozids.
Aktualisiert: 12.07.2015
Lesedauer:
Religionsführer von Christen und Muslimen in der Zentralafrikanischen Republik haben sich für ein starkes Mandat der geplanten UN-Mission ausgesprochen. Ohne äußere Unterstützung auch durch die EU drohe ihre Heimat auseinanderzubrechen und im Chaos zu versinken, sagten sie am Montag in Berlin. Es bestehe sogar die Gefahr eines Genozids.
Der katholische Erzbischof von Bangui und Vorsitzende der nationalen Bischofskonferenz, Dieudonné Nzapalainga, der Präsident der Evangelischen Allianz Nicolas Guerekoyame-Gbangou und der Präsident des Islamischen Rates, Imam Omar Kobine Layama, werben derzeit mit einer Friedensmission in den USA und Europa um Hilfe für ihr Land.
Nach Worten des Erzbischofs von Bangui handelt es sich bei den gewaltsamen Auseinandersetzungen nicht um einen Religionskonflikt. Die Gläubigen würden für politische Zwecke instrumentalisiert. „Die Lage in der Zentralafrikanischen Republik“, so Erzbischof Nzapalainga weiter, „ist besorgniserregend. Auch ein Jahr nach dem Sturz der alten Regierung durch die Seleka-Rebellen hat sich die Situation noch keineswegs beruhigt – im Gegenteil. Selbst die Entsendung internationaler Friedenstruppen und die Einrichtung einer Übergangsregierung konnte das Blutvergießen in der Bevölkerung bislang nicht stoppen.“

Die EU erklärte unterdessen am Montag, geplant sei eine „progressive Aufstockung“ der Truppen in der Hauptstadt Bangui auf bis zu 1.000 UN-Soldaten. Auch Deutschland will sich an der Mission beteiligen. Derzeit versuchen 2.000 französische Soldaten und 6.000 Soldaten der Afrikanischen Union, das Land zu stabilisieren.
Die seit einem Jahr anhaltenden Auseinandersetzungen zwischen muslimischen Seleka-Rebellen und christlichen Anti-Balaka-Milizen haben Hunderte Tote gefordert und zu Massenvertreibungen geführt. Laut UN-Angaben sind 650.000 der 4,6 Millionen Bewohner des Landes auf der Flucht; weitere 280.000 suchen Zuflucht im Ausland.
Drohende Hungersnot
Layama warnte vor einem Völkermord und einer Hungersnot. Wegen der Angst vor Gewalt hätten die Bauern keine Saat mehr ausgebracht. Als wichtigstes Anliegen nannten die Religionsvertreter die Wiederherstellung der Sicherheit und der Grundfunktionen des Staates. Dazu müssten die staatlichen Angestellten wieder ihr Gehalt bekommen.
Nach Angaben von Nzapalainga ist die staatliche Ordnung außerhalb der Hauptstadt weitgehend zusammengebrochen. Extremisten versuchten, das Terrain zu besetzen. Zur Wiederherstellung des Friedens müssten Gewalttäter zur Rechenschaft gezogen werden. Versöhnung sei nur durch Wahrheit und Gerechtigkeit möglich. Bei Straflosigkeit bliebe der Hass im Herzen der Menschen bestehen.
Layama sagte, dass sich die Führer der Religionsgemeinschaften im ganzen Land um einen „Dialog von unten“ bemühten, um die Menschen zu versöhnen. Sie versuchten, den sozialen Zusammenhalt wiederherzustellen.
Guerekoyame-Gbangou sprach sich für eine Unterstützung von Übergangspräsidentin Catherine Samba-Panza aus. Sie soll die Voraussetzung für demokratische Wahlen schaffen. Guerekoyame-Gbangou betonte, die Religionsführer hielten sich aus der Parteipolitik heraus. Sie setzten ihre Hoffnung auf eine neue Klasse von Politikern, die das Gemeinwohl des gesamten Volkes im Sinn hätten. Für Stabilität und Frieden müssten die Wahlen aber sehr gut vorbereitet werden.
Treffen mit Müller, von der Leyen und Papst Franziskus
In Berlin kamen die drei Religionsführer unter anderem mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Gerd Müller, und der Bundesministerin der Verteidigung, Ursula von der Leyen, zu Gesprächen zusammen. In der vergangenen Woche wurde die Delegation in Rom von Papst Franziskus empfangen. Der französische Staatspräsident, François Hollande, hat angekündigt, dass am kommenden Mittwoch am Rande des EU-Afrika-Gipfels in Brüssel darüber beraten werden solle, wie die Sicherheit in der Zentralafrikanischen Republik wiederhergestellt und das Töten gestoppt werden könne. (lek mit KNA/DBK)
Hintergrund
Ein Hintergrundpapier des Netzwerks Afrika Deutschland (NAD) zur Machtübernahme in der Zentralafrikanischen Republik können Sie hier als PDF herunterladen: