„Weiter Druck machen“

„Weiter Druck machen“

Das von der rot-grünen Bundesregierung 2002 auf den Weg gebrachte Prostitutionsgesetz soll überarbeitet werden. Am Montag positionierten sich prominente Gegner des Frauenhandels bei einer Tagung der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung in München. Dabei waren sich alle Redner darin einig, dass das Gesetz von 2002 nur die Position von Zuhältern verbessert habe, anstatt, wie beabsichtigt, die Frauen rechtlich und sozial abzusichern.

Erstellt: 24.06.2014
Aktualisiert: 12.07.2015
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Das von der rot-grünen Bundesregierung 2002 auf den Weg gebrachte Prostitutionsgesetz soll überarbeitet werden. Am Montag positionierten sich prominente Gegner des Frauenhandels bei einer Tagung der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung in München. Dabei waren sich alle Redner darin einig, dass das Gesetz von 2002 nur die Position von Zuhältern verbessert habe, anstatt, wie beabsichtigt, die Frauen rechtlich und sozial abzusichern.

Zuhälter übten zum Teil enormen Druck auf Zwangsprostituierte aus, die deshalb vor Gericht kaum gegen ihre Peiniger in den Zeugenstand träten, hieß es. Ohne die Aussage der betroffenen Frauen sei es allerdings fast unmöglich, Menschenhändler zu überführen. So wurden im Jahr 2013 in Deutschland rund sechs Millionen Straftaten angezeigt; darunter waren aber nur 673 nach dem Tatbestand des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung. In Bayern waren es 635.000 Straftaten, darunter 37 Fälle von entsprechend motiviertem Menschenhandel.

Deutschland als „Eldorado der Zwangsprostitution“

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) plädierte deshalb nachdrücklich für eine Überarbeitung des Prostitutionsgesetzes und versprach der Unionsfraktion im Bundestag für deren Vorstoß volle Unterstützung. Das bisherige Gesetz sei ein „voller Schuss nach hinten“ gewesen. Herrmann kritisierte, dass in Deutschland bisher noch nicht einmal die EU-Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels umgesetzt worden sei. Deutschland gelte mittlerweile in ganz Europa als „Eldorado der Zwangsprostitution“. Herrmann sprach sich gegen den Beitritt von Bulgarien und Rumänien zum Schengen-Gebiet aus, da beide Länder die nötigen Standards der Datenübermittlung nicht einhielten.

Bild: © weltkirche.de

Die bayerische Sozialministerin Emilia Müller (CSU) kritisierte, dass sich Zwangsprostitution zum einträglichen Geschäftsmodell habe entwickeln können. Sie hinterlasse gebrochene Frauen, die ein extrem würdeloses Leben führten. Sogenannte Flatrates in Bordellen müssten verboten werden. Außerdem votierte sie für eine Anhebung des Mindestalters von Sexarbeiterinnen auf mindestens 21 Jahre, da vor allem Zwangsprostituierte meist jünger seien. Freier von Zwangsprostituierten müssten hart bestraft werden.

Müller plädierte auch für mehr Unterstützungsangebote zugunsten ausstiegswilliger Prostituierter, sei es in Form von Beratungsstellen oder Schutzwohnungen. Dafür werde sie versuchen, bei den Verhandlungen zum nächsten Doppelhaushalt des Freistaats mehr Geld zu erhalten. Die Sozialministerin lobte die Arbeit der Hilfsorganisation Solwodi und des Aktionsbündnisses „STOP dem Frauenhandel“. Beide Initiativen wurden von katholischen Akteuren mit initiiert.

Solwodi für ein vollständiges Verbot von Prostitution

Solwodi -Gründerin Schwester Lea Ackermann sprach sich auf der Expertentagung für ein völliges Verbot von Prostitution aus. Inspiriert vom schwedischen Modell, sollte nach ihrer Auffassung käuflicher Sex generell bestraft werden. Sie schilderte das Schicksal eines zwölfjährigen Mädchens, das aus einem osteuropäischen Kinderheim entführt worden und dann drei Jahre in deutschen Bordellen angeboten worden sei. Seine Zuhälter seien lediglich zu einer Gefängnisstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Solche Missstände ließen sich nur durch ein allgemeines Verbot verhindern.

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Uhl ermutigte die Anwesenden, in den kommenden Monaten weiter Druck auf den Gesetzgeber zu machen. Zwar sei im Koalitionsvertrag vereinbart worden, dass Frauen besser vor Zwangsprostitution geschützt werden sollten. Doch müssten an einer entsprechenden Gesetzesnovelle auf Bundesebene drei Ministerien beteiligt werden: das federführende Familienministerium, das Justiz- und das Innenministerium. Ohne eine aufmerksame Öffentlichkeit sei nicht mit schnellen Fortschritten zu rechnen.

Von Gabriele Riffert