Gefährdete Helfer

Gefährdete Helfer

Neutralität ist Schutz und Aufgabe zugleich. Für das katholische Hilfswerk Caritas international ist es essenziell, in Krisengebieten als neutraler humanitärer Helfer gesehen zu werden – wichtig für das Vertrauen der Partner und wichtig für die Sicherheit der Mitarbeiter. Doch was, wenn die Konfliktparteien diese Neutralität nicht anerkennen? Nie zuvor seien die Herausforderungen für humanitäre Helfer so groß gewesen, sagte der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Peter Neher, bei der Vorstellung des Jahresberichts am Dienstag in Berlin.

Erstellt: 01.07.2014
Aktualisiert: 12.07.2015
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Neutralität ist Schutz und Aufgabe zugleich. Für das katholische Hilfswerk Caritas international ist es essenziell, in Krisengebieten als neutraler humanitärer Helfer gesehen zu werden – wichtig für das Vertrauen der Partner und wichtig für die Sicherheit der Mitarbeiter. Doch was, wenn die Konfliktparteien diese Neutralität nicht anerkennen? Nie zuvor seien die Herausforderungen für humanitäre Helfer so groß gewesen, sagte der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Peter Neher, bei der Vorstellung des Jahresberichts am Dienstag in Berlin.

Der Respekt für humanitäre Prinzipien schwinde. Seit 2000 hat sich die Zahl der Helfer aller Hilfsorganisationen, die verletzt, getötet oder entführt wurden, nach seinen Angaben von etwa 90 auf mehr als 270 verdreifacht. „Die Brutalität der Kämpfe sowie die Gewalt gegenüber Zivilbevölkerung und Helfern haben deutlich zugenommen“, beklagte Neher.

Wachsende Zahl von Entführungen

Dabei gebe es vor allem eine wachsende Anzahl von Entführungen. Es sei eine neue Art der „Kidnapping-Struktur“ entstanden, sagte Oliver Müller, Leiter von Caritas international. Dabei handele es sich oft gar nicht um politisch motivierte Taten, sondern um kriminelle oder mafiöse Verbrechen.

Die wachsende Zahl innerstaatlicher Konflikte trägt zu diesen Strukturen bei. Oftmals verschwimme der Unterschied zwischen Soldat und Zivilist. „Kämpfende Truppen wechseln mehr oder weniger regelmäßig zwischen dem Status als Zivilist und Kämpfer“, sagte Neher. Wenn dann noch extremistische oder islamistische Motive dahinter steckten, gebe es kaum Respekt für humanitäre Hilfe. „Für diese Parteien gibt es keine Neutralität mehr“, erklärte Müller.

Dabei ist die Hilfe nötiger denn je. Erstmals haben die Vereinten Nationen für drei Krisenherde die höchste Notstandsstufe ausgerufen – Südsudan, Syrien und die Zentralafrikanische Republik. Mehr als 70 Millionen Menschen seien notleidend, so Neher weiter. „Nie zuvor waren gleichzeitig an so vielen Orten der Welt so viele Menschen mit einer solchen Dringlichkeit auf Hilfe angewiesen wie in diesen Tagen“, fügte Müller hinzu.

Bild: © Caritas international

Die Vielzahl der Konflikte überfordere das Hilfswerk. Vor allem bei Bürgerkriegen sei es schwer, Spenden zu mobilisieren, da die Gemengelage komplex und kaum durchschaubar sei. „Dann droht die humanitäre Katastrophe in Vergessenheit zu geraten“, so Müller. Für Afghanistan, wo die Caritas weiterhin präsent sei, gebe es quasi keine Spenden mehr. Auch der drohenden Hungersnot im Südsudan werde zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.

Politische Lösungen statt Militär

Das Hilfswerk sieht an dieser Stelle auch ein Versagen der Politik. Immer öfter würden für politische Konflikte militärische statt politische Lösungen gesucht, sagte Müller. Zum Beispiel im Irak könne ein militärisches Eingreifen nicht die Lösung sein. Damit würde sich die Lage der Flüchtlinge nicht verbessern. „Im Gegenteil: Die politische und militärische Lage im Irak ist so unübersichtlich, neue politische Allianzen würden den Konflikt wahrscheinlich wieder verschärfen“, betonte Müller. Die zivile Konfliktbearbeitung spiele in den politischen Diskussionen quasi keine Rolle mehr.

Für alle Krisenregionen brauche es jedoch deutlich mehr humanitäre Unterstützung, auch seitens der Bundesregierung. „Die Mittel sind nicht ausreichend“, so Müller. Insgesamt sei die Hilfe der Bundesregierung mit Blick auf die Größe Deutschlands und im Vergleich zu anderen Ländern relativ gering.

Umso erfreulicher sei es, dass die Arbeit der Caritas bei Spendern weiterhin großes Vertrauen genieße, so Neher. Insgesamt habe man im vergangenen Jahr 82,6 Millionen Euro für Projektarbeiten zur Verfügung gehabt. Vor allem bei den Spenden habe es einen deutlichen Zuwachs von 28 Millionen auf 42,8 Millionen Euro gegeben. 35,6 Millionen stammten von öffentlichen und kirchlichen Geldgebern.

Mit dem Geld seien 701 Projekte in 81 Ländern mit einem Volumen von 61,22 Millionen Euro unterstützt worden, sagt Neher. Das sei ein Plus von mehr als 10 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr.

Von Anna Mertens

Jahresbericht 2013

Im Jahresbericht 2013 informiert Caritas international über die Katastrophenhilfen und die weltweite soziale Arbeit des Hilfswerks im vergangenen Jahr. Auszüge aus dem Kapitel „Zahlen und Fakten“ und den gesamten Jahresbericht als PDF finden Sie hier: