„Wir glauben an das Miteinander“

„Wir glauben an das Miteinander“

Pakistan kommt nicht zur Ruhe. In der Islamischen Republik herrscht seit Jahrzehnten Gewalt, islamistische Extremisten terrorisieren das Land, religiöse Minderheiten werden diskriminiert. Der neue Erzbischof von Lahore, Sebastian Francis Shaw, blickt dennoch voller Hoffnung in die Zukunft seiner Heimat: „Pakistan wird ein friedliches Land werden, wir glauben fest an das Miteinander“, betont er im Interview mit dem Internationalen Katholischen Missionswerk Missio in München .

Erstellt: 14.07.2014
Aktualisiert: 12.07.2015
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Pakistan kommt nicht zur Ruhe. In der Islamischen Republik herrscht seit Jahrzehnten Gewalt, islamistische Extremisten terrorisieren das Land, religiöse Minderheiten werden diskriminiert. Der neue Erzbischof von Lahore, Sebastian Francis Shaw, blickt dennoch voller Hoffnung in die Zukunft seiner Heimat: „Pakistan wird ein friedliches Land werden, wir glauben fest an das Miteinander“, betont er im Interview mit dem Internationalen Katholischen Missionswerk Missio in München .

Sebastian Francis Shaw ist seit Februar Erzbischof von Lahore. Bei seinem Besuch in München berichtet der Franziskaner von den enormen Herausforderungen der christlichen Minderheit in der islamistischen Republik. Die Zahl der im Land lebenden Christen wird auf 2,8 Millionen geschätzt, davon sind etwa 1,2 Millionen Katholiken. Obwohl in dem südasiatischen Land offiziell Religionsfreiheit herrscht, sieht die Realität anders aus.

„Für alle Minderheiten sind es schwierige Zeiten. Wir sind im Alltag und im Berufsleben ständigen Diskriminierungen ausgesetzt“, berichtet der 56-Jährige. „Besonders schlimm ist es in ländlichen Gegenden. Dort kann es einem Christen durchaus passieren, dass er im Restaurant nicht bedient wird oder sich der Frisör weigert, ihm die Haare zu schneiden.“ Und auch im Berufsleben haben es Christen – und auch Hindus, Parsen, Sikhs oder Buddhisten – wesentlich schwerer, gut bezahlte Arbeitsplätze zu finden.

Bild: © Missio München

Umstrittenes Blasphemiegesetz

Eine besondere Gefahr für religiöse Minderheiten ist in Pakistan das seit 1986 geltende Blasphemiegesetz. Damit ist es unter harter Strafe verboten, den Koran, die Moschee oder den heiligen Propheten zu beleidigen. „Es ist der Missbrauch dieses Gesetzes, der uns in Angst und Schrecken leben lässt“, betont Shaw. „Es reicht oft schon der Vorwurf der Blasphemie, der eine Welle der Gewalt auslösen kann“. Dann könne es passieren, dass die beschuldigte Person oder dessen Familienmitglieder umgebracht, oder das Dorf oder das Wohnviertel, in dem er lebt, angezündet werden – egal ob der Blasphemie-Vorwurf nun stimme oder nicht. „Wir Christen sind daher immer auf der Hut und extrem vorsichtig, wenn wir in der Öffentlichkeit etwas sagen“, erzählt Shaw.

„Es reicht oft schon der Vorwurf der Blasphemie, der eine Welle der Gewalt auslösen kann.“

—  Zitat: Sebastian Francis Shaw, Erzbischof von Lahore (Pakistan)

Trotz der widrigen Umstände zeigt sich der Erzbischof von Lahore optimistisch: „Schritt für Schritt können wir es schaffen, ein friedliches Land zu werden. Wir sind alle Bürger Pakistans, egal welcher Religion wir angehören.“ Ein großes Anliegen ist Shaw der interreligiöse Dialog . Nur dadurch sei es möglich, sich gegenseitig zu verstehen und gemeinsam für den Frieden und die Freiheit einzutreten.

Katholische Schulen fördern interreligiösen Dialog

Eine große Rolle spielen für ihn dabei die kirchlichen Bildungseinrichtungen. Die rund 80 katholischen Schulen in Lahore haben den Angaben des Erzbischofs zufolge mehr als 800.000 Schüler, zu 90 Prozent Muslime. „Hier findet Dialog im Alltag statt, wichtige Werte wie Offenheit, Toleranz und ein friedliches Miteinander werden vermittelt“, betont Shaw. Den muslimischen Schülern werde dabei nicht der christliche Glaube aufgedrängt, ganz im Gegenteil: „Muslime gehen bei uns in den islamischen Religionsunterricht und werden von muslimischen Lehrern unterrichtet“.

Ziel müsse es sein, dieses Miteinander auszuweiten und den Dialog zwischen den Religionen voranzubringen, mahnt der Erzbischof. Dass Pakistan Schwerpunktland in der diesjährigen Missio-Kampagne zum Sonntag der Weltmission ist, sieht der Erzbischof als große Chance. Nur wenn die Verfolgung der Minderheiten in Pakistan in den Fokus der Öffentlichkeit rücke, werde sich dort auch etwas ändern, betont er.

Von Antje Pöhner, Missio München

Sonntag der Weltmission

Am 26. Oktober 2014 feiert Missio den Sonntag der Weltmission, die Solidaritätsaktion der Katholiken weltweit. Missio wird dabei insbesondere die schwierige Situation der Christen in Pakistan in den Blick nehmen. Knapp vier Wochen lang hat das katholische Hilfswerk im Oktober Projektpartner aus Pakistan zu Gast. Sie werden bei Veranstaltungen und in Vorträgen von der Situation der Christen in ihrer Heimat, von ihren Problemen und den großen Herausforderungen in dem islamischen Land berichten.

Arbeitshilfe

Die Initiative der Deutschen Bischofskonferenz „Solidarität mit verfolgten und bedrängten Christen“ beschäftigte sich im Jahr 2011 mit der Lage der Christen in Pakistan. Die entsprechende Arbeitshilfe können Sie im DBK-Shop herunterladen: