Befreiungstheologen wollen Rousseff wählen
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Befreiungstheologen wollen Rousseff wählen

Brasiliens bekannteste Befreiungstheologen rücken von der Amazonas-Politikerin Marina Silva ab und wollen bei den Präsidentenwahlen am Sonntag Amtsinhaberin Dilma Rousseff wählen. So warf Leonardo Boff (75), der Silva 2010 ein Buch über grüne Politik gewidmet hatte, Silva einen parteipolitischen „Seitenwechsel“ vor, wie das Ökoportal „greenreport“ (Mittwoch) berichtete. Ebenfalls auf Distanz ging der Dominikaner Frei Betto (70). Jüngste Umfragen sehen Rousseff derzeit klar vor der Herausforderin.

Erstellt: 02.10.2014
Aktualisiert: 12.07.2015
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Brasiliens bekannteste Befreiungstheologen rücken von der Amazonas-Politikerin Marina Silva ab und wollen bei den Präsidentenwahlen am Sonntag Amtsinhaberin Dilma Rousseff wählen. So warf Leonardo Boff (75), der Silva 2010 ein Buch über grüne Politik gewidmet hatte, Silva einen parteipolitischen „Seitenwechsel“ vor, wie das Ökoportal „greenreport“ (Mittwoch) berichtete. Ebenfalls auf Distanz ging der Dominikaner Frei Betto (70). Jüngste Umfragen sehen Rousseff derzeit klar vor der Herausforderin.

Boff attackierte Silva unter anderem wegen ihrer jüngsten, als neoliberal empfundenen wirtschaftspolitischen Positionierungen. So habe die ehemals grüne und jetzt sozialdemokratische Politikerin ihre Ablehnung von genverändertem Saatgut aufgegeben und eine Privatisierung des in Korruptionsfälle verwickelten staatlichen Erdölkonzerns Petrobras befürwortet. „Marina steht heute für ein neoliberales Projekt“, so der frühere Franziskaner.

Frei Betto kritisierte Silvas Haltung zu Kuba, dessen Regierung sie für Menschenrechtsverletzungen kritisierte. „Warum hat sie nicht die USA kritisiert, das Land, das Menschenrechte am meisten verletzt?“, fragte der Dominikaner-Ordensmann. Er argwöhnte auch, dass sich die aus Amazonien stammende Präsidentschaftskandidatin mit Personen umgebe, denen es an „Sympathien für die volksdemokratischen Regierungen“ Lateinamerikas fehle.

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Die grüne Evangelikale

Silva ist 56 Jahre alt und gilt als „Die grüne Evangelikale“. Die Katholikin trat 1997 zur mitgliederstarken pfingstkirchlichen „Igreja Evangelica Assembleia de Deus“ (IEAD) über. Aufgewachsen in ärmlichen Verhältnissen im Regenwald, besuchte sie eine katholische Schule und lernte die Befreiungstheologie kennen. Sie engagierte sich bis 2009 in der PT und war als Umweltministerin tätig. Dann trat sie jedoch aus Protest gegen den wachstumsfreundlichen Kurs der damaligen Energieministerin Rousseff aus dem Kabinett und der PT aus.

Bei den Präsidentschaftswahlen 2010 kandidierte Silva für die „grüne“ Partei PV und erhielt 20 Millionen Stimmen. 2013 gründete sie die Umweltpartei „Netz für Nachhaltigkeit“. Weil diese jedoch nicht fristgemäß von den Wahlbehörden anerkannt wurde, schloss sie sich der sozialistischen Partei PSB an. Rückhalt findet Silva weniger bei der Wirtschaft als bei ärmeren Schichten der Gesellschaft.

Boff hatte Silva noch bei den Präsidentschaftswahlen 2010 unterstützt. Vorher war der populäre Theologe stets der Arbeiterpartei PT unter Rousseffs Vorgänger Luiz Inacio Lula da Silva zugeneigt. „Marina Silva ist eine verbesserte Version von Lula“, sagte Boff damals. Sie und nicht die PT-Kandidatin Rousseff (66) sei Lulas „natürliche Nachfolgerin“.

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