„Es geht nicht um originelle Ideen“
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„Es geht nicht um originelle Ideen“

Mit einer klaren Botschaft hat Papst Franziskus am Sonntag die mit hohen Erwartungen verbundene Weltbischofssynode im Vatikan eröffnet: Die Teilnehmer sollten sich nicht in einer selbstverliebten Debatte über wirklichkeitsfremde Vorschläge ergehen, sondern sich „um die Familien kümmern“, schrieb er den 191 Bischöfen ins Stammbuch. Sie beraten von Montag an zwei Wochen darüber, wie die Kirche auf die veränderte Lebenswirklichkeit von Familien reagieren soll. Solche Versammlungen seien schließlich nicht dazu da, „schöne und originelle Ideen zu diskutieren oder zu sehen, wer intelligenter ist“, mahnte der Papst in seiner Predigt im Petersdom.

Erstellt: 06.10.2014
Aktualisiert: 12.07.2015
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Mit einer klaren Botschaft hat Papst Franziskus am Sonntag die mit hohen Erwartungen verbundene Weltbischofssynode im Vatikan eröffnet: Die Teilnehmer sollten sich nicht in einer selbstverliebten Debatte über wirklichkeitsfremde Vorschläge ergehen, sondern sich „um die Familien kümmern“, schrieb er den 191 Bischöfen ins Stammbuch. Sie beraten von Montag an zwei Wochen darüber, wie die Kirche auf die veränderte Lebenswirklichkeit von Familien reagieren soll. Solche Versammlungen seien schließlich nicht dazu da, „schöne und originelle Ideen zu diskutieren oder zu sehen, wer intelligenter ist“, mahnte der Papst in seiner Predigt im Petersdom.

Damit machte Franziskus noch einmal deutlich, worum es ihm bei der Synode eigentlich geht: nicht um theologische Höhenflüge oder kirchenrechtliche Winkelzüge; er will, dass die Kirche auch jene wieder erreicht, deren Lebenswirklichkeit mit dem Ideal der katholischen Familie nicht mehr viel zu tun hat. Menschen also, denen Katechismus-Sätze wie dieser nicht mehr unmittelbar einleuchten: „Die Fruchtbarkeit der ehelichen Liebe besteht auch in den Früchten des sittlichen, geistigen und übernatürlichen Lebens, das die Eltern durch die Erziehung ihren Kindern weitergeben.“

Keine Angst vor Kontroversen

Ob man die Worte des Papstes auch als Seitenhieb auf die öffentlich geführte Debatte unter den Kardinälen in den vergangenen Monaten verstehen durfte, die sich vor allem auf das Thema wiederverheiratete Geschiedene konzentrierte, blieb offen. Dass er eine kontroverse Debatte grundsätzlich befürwortet, daran hatte Franziskus am Samstag keine Zweifel gelassen, als er bei einem Abendgebet für die Synode auf dem Petersplatz zu einer „aufrechten, offenen und brüderlichen“ Diskussion aufrief. Die Bischöfe könnten darauf vertrauen, dass Gott sie schon zu gegebener Zeit wieder zur Einheit zurückführen werde.

In den vergangenen Wochen hatten etliche Kardinäle und Bischöfe die Einschätzung geäußert, dass die Synode nicht zu einer Änderung der katholischen Morallehre führen werde – allenfalls zu Korrekturen in der kirchlichen Praxis. Dem hat Franziskus am Sonntag nicht widersprochen. Jedoch hat er in seiner Predigt ein weiteres Mal klargemacht, dass die Reinheit und Unversehrtheit der geltenden Lehre für ihn nicht das letzte Wort hat. Der Geist schenke eine Weisheit, „die über das Wissen hinausgeht, um großherzig in wahrer Freiheit und demütiger Kreativität zu arbeiten“, erklärte er. Der Seelsorger Franziskus hat in den vergangen Jahren immer wieder deutlich gemacht, dass ihm eine lebendige Kirche, auch wenn sie bisweilen mit der Lehre in Konflikte gerät, allemal lieber ist als eine leere Kirche mit dem Gütesiegel der Glaubenskongregation.

Radikale Selbstkritik

Franziskus verband seine Einstimmung auf die Synode am Sonntag mit einer radikalen kirchlichen Selbstkritik. Es gebe „schlechte Hirten“, die den Menschen aus Gier nach Macht und Geld „unerträgliche Lasten“ auf die Schultern lüden, „die zu tragen sie selbst aber keinen Finger rühren“. Der „Traum Gottes“ kollidiere stets mit der Heuchelei „einiger seiner Diener“. Die Bischöfe könnten Gottes „Liebesplan“ vereiteln, wenn sie sich nicht vom Heiligen Geist leiten ließen, so Franziskus.

Was am Ende herauskommt bei der Synode, ist vorerst schwer zu sagen. Definitive Ergebnisse dürfte es erst nach der zweiten Synode zu diesem Thema im Herbst 2015 geben. Der Vorsitzende der Schweizer Bischofskonferenz, Bischof Markus Büchel, erinnerte am Sonntag auch daran, dass es in den kommenden zwei Wochen nicht nur um Probleme der katholischen Kirche in den westlichen Ländern gehe. In Afrika etwa gebe es ganz andere Herausforderungen, wie etwa die Vielehe unter Katholiken. Auch damit wird sich die Synode beschäftigen. Immerhin kommen aus Afrika und Asien zusammen beinahe ebenso viele Synodenväter (71) wie aus Europa (78).

Büchel nannte es am Sonntag einen „mutigen Schritt“, dass der Papst sein Pontifikat mit dem Thema Familie begonnen habe. Dies gilt umso mehr, als die Synode bereits als Prüfstein für die Amtszeit von Franziskus gilt.

Von Thomas Jansen

Bischofssynode

Die katholische Bischofssynode soll die Weltkirche repräsentieren und die Kollegialität von Papst und Bischöfen unterstreichen. Als ständige Einrichtung wurde sie 1965 von Papst Paul VI. auf Anregung des Zweiten Vatikanischen Konzils geschaffen. Sie hat keine Entscheidungsbefugnis, sondern nur beratende Funktion. Einberufen wird sie vom Papst. Dieser nimmt in der Regel auch persönlich an den Sitzungen teil. In den vergangenen Jahrzehnten gaben Bischofssynoden wichtige Impulse für die Weltkirche, etwa die Anregung zum Katechismus der Katholischen Kirche. (KNA)