Armut bekämpfen, solidarisch leben

Armut bekämpfen, solidarisch leben

Am 17. Oktober ist der UN-Gedenktag „für die Beseitigung der Armut“ . Die Steyler Missionare greifen dieses Anliegen ab dem heutigen Montag in einer Themenwoche Armut auf und zeigen in täglichen Veröffentlichungen, wie vielfältig sich die Ordensgemeinschaft mit dem Thema auseinandersetzt. Vizeprovinzial Pater Norbert Cuypers über die Steyler Solidarität mit den Armen – und ihre Wurzeln.

Erstellt: 13.10.2014
Aktualisiert: 12.07.2015
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Am 17. Oktober ist der UN-Gedenktag „für die Beseitigung der Armut“ . Die Steyler Missionare greifen dieses Anliegen ab dem heutigen Montag in einer Themenwoche Armut auf und zeigen in täglichen Veröffentlichungen, wie vielfältig sich die Ordensgemeinschaft mit dem Thema auseinandersetzt. Vizeprovinzial Pater Norbert Cuypers über die Steyler Solidarität mit den Armen – und ihre Wurzeln.

Frage: Pater Cuypers, warum ist den Steyler Missionaren das Thema Armut ein Anliegen?

Cuypers: Als Steyler Missionare haben wir den Slogan: Unsere Pfarrgemeinde ist die Welt. Wir möchten als Missionare mehr in den Blick nehmen als die vielen kleinen Schrebergärten der deutschen Ortskirchen. Insofern sind wir ein „Global Player“: Uns ist auch das Schicksal von Menschen in anderen Erdteilen nicht egal. Wir sehen uns in der Verantwortung, dass es Menschen überall auf der Welt gutgehen kann. Dass alle die gleichen Chancen haben für ihr Leben. Das ist natürlich ein hoher Anspruch, trotzdem wollen wir diesem Ideal nachgehen. Denn aus der Soziologie wissen wir: Eine Gemeinschaft ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Das gilt auch für die gesamte Weltkirche.

Frage: „Jesu Sendung ist unsere Sendung“ sagen die Steyler Missionare über sich. Wie setzen Sie Jesu Strategien zur Armutsbekämpfung weltweit in Tatsachen um?

Cuypers: Gib den Menschen keinen Fisch, sondern lehre sie zu fischen: Unter diesem Motto versuchen wir rund um den Globus, den Armen die Würde zu geben, für sich selbst zu sorgen. So fördern wir vor allem Bildungsprojekte, denn dort wo Bildung vermittelt wird, können sich Menschen eigenständig aus ihrer Armut befreien. Darüber hinaus engagieren wir uns vielfältig in der Sozialhilfe, bauen Brunnen, führen Ambulanzen.

Bild: © Steyler Missionare

Frage: Was tun Sie in Deutschland?

Cuypers: Wir schaffen Bewusstsein: Durch unsere Medienarbeit möchten wir Gemeinden, Schulkinder, Erwachsene für das Thema Armut sensibilisieren und sie ermutigen, über den eigenen Tellerrand hinauszublicken. In diesem Zusammenhang steht auch unsere Themenwoche Armut, in der wir das Thema von verschiedenen Facetten beleuchten wollen. Hier in Deutschland setzen wir Steyler uns vereinzelt direkt mit dem Thema auseinander, etwa in der Migrantenseelsorge. Ich glaube aber, dass wir die Armut vor unserer eigenen Haustür noch stärker in den Blick nehmen müssen. Wir haben uns in der Vergangenheit zu sehr damit beschäftigt, den Blick der Menschen auf die sogenannte „Dritte Welt“ zu richten. Dabei gibt es doch nur die „Eine Welt“ – und auch hier in Deutschland herrscht Armut, nicht nur eine materielle, sondern auch eine geistige. Dieser Punkt unserer Arbeit ist sicher noch ausbaufähig.

Frage: Einerseits setzen Sie sich gegen Armut ein, andererseits leben Sie sie – durch Ihre Gelübde – selber. Ist das kein Widerspruch?

Cuypers: Nein, denn ich kann ja nicht Wasser predigen, und Wein trinken. Wenn ich gegen Armut kämpfe, muss ich auch in einer gewissen Solidarität mit Menschen leben, die arm sind. Wir Steyler Missionare bemühen uns um eine Grundsolidarität des einfachen Lebensstils, damit wir in unserem Tun glaubwürdig sind. Ich kann nicht im Luxusauto durch die Gegend fahren und mich gleichzeitig für Menschen einsetzen, die an Hunger und Entbehrung leiden. Da müssen sich Wort und Tat schon decken. Unsere Armut ist freilich keine Bettelarmut. Wir erwirtschaften Gelder – aber immer im Dienste unseres Auftrags, nicht, weil wir uns selbst bereichern wollen.

Frage: Welche Kraft ziehen Sie aus Ihrem eigenen Armutsgelübde?

Cuypers: Ich verstehe unser Gelübde als ein Versprechen der Gütergemeinschaft. Wir Steyler Missionare tun alles in einen Topf und leben gemeinsam davon. Junge Mitbrüder erwirtschaften Geld, ältere werden davon gepflegt: Das ist so wie bei der Rentenkasse. Dass ich mir deshalb keine Sorgen machen muss, über die Runden zu kommen, befreit mich natürlich. Es macht mich aber auch frei in meinem Engagement für die Menschen, für die wir da sind. Ja, indem ich persönlich auf meinen Lohn verzichte, der ja der Gemeinschaft und ihrem Auftrag zugutekommt, verzichte ich auch in gewissem Sinne auf meine letzte Sicherheit. Aber die wiederum schöpfe ich aus meiner Beziehung zu Gott.

Frage: Fordert Sie der Materialismus unserer Zeit gelegentlich heraus?

Cuypers: Natürlich machen die „Missionare des Materialismus‘“ auch vor der Klostertür nicht halt. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns immer wieder fragen: Was brauchen wir wirklich? Worauf können wir gut verzichten? Aber was ist auch nötig, damit wir unseren Dienst tun können? Wenn wir Steyler uns so gelegentlich selbst hinterfragen, sind wir damit keine Exoten auf diesem Planeten. Viele Menschen in Deutschland tun das, ohne darum viel Aufhebens zu machen: Sie kaufen bewusst ein, leben bescheiden, nehmen das Leben ernst. Wenn wir den Lebensimpulsen Jesu folgen wollen, ist es gut und sinnvoll, nach seinem Ratschlag zu leben – ob in Gelübden als Ordensmann oder in einer Gemeinde als Christ.

Von Markus Frädrich

Zur Person

Pater Norbert Cuypers, geb. 1964 in Köln, trat 1984 in den Orden der Steyler Missionare ein. Seine Priesterweihe empfing er 1997 und ging dann für mehrere Jahre nach Papua-Neuguinea. Von 2004 bis 2010 war er Spiritual der jungen Mitbrüder von Österreich und von Priesteramtskandidaten der Diözese Eisenstadt. Seit 2013 ist er Vizeprovinzial der Steyler Missionare in Deutschland.