Tanzen für eine bessere Zukunft

Tanzen für eine bessere Zukunft

Alles begann für Heidi Rehse in einem Armenviertel in Rio de Janeiro. Dort brachte die Stuttgarterin Kindern und Jugendlichen das Tanzen bei – und führte sie damit weg von der Straße. Im Interview mit dem Internetportal Weltkirche spricht die Choreographin und Tanzpädagogin über ihre aktuellen Projekte und darüber, wie der Tanz das Leben in eine andere Richtung lenken kann.

Erstellt: 10.12.2014
Aktualisiert: 12.07.2015
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Alles begann für Heidi Rehse in einem Armenviertel in Rio de Janeiro. Dort brachte die Stuttgarterin Kindern und Jugendlichen das Tanzen bei – und führte sie damit weg von der Straße. Im Interview mit dem Internetportal Weltkirche spricht die Choreographin und Tanzpädagogin über ihre aktuellen Projekte und darüber, wie der Tanz das Leben in eine andere Richtung lenken kann.

Frage: Frau Rehse, Sie führen mit benachteiligten Jugendlichen aus aller Welt Tanzprojekte durch. Wo waren Sie schon überall und mit welchen Jugendgruppen haben Sie zusammengearbeitet?

Rehse: Ich habe Tanzprojekte mit Straßenkindern und Jugendlichen in Ghana, Indien, Kenia, Liberia und Sierra Leone durchgeführt. In Ruanda arbeite ich mit jungen Menschen zusammen, die unter verschiedenen körperlichen Einschränkungen leiden. Manche davon sind blind, manche gehörlos und andere hatten die Kinderlähmung. Gleichzeitig bilden wir dort Tanzpädagogen aus, so dass die Projekte vor Ort weitergeführt werden können. Ich bin nicht nur im Ausland, sondern auch in Deutschland tätig. Wir veranstalten beispielsweise in Stuttgart zusammen mit jugendlichen Migranten Tanztheater zu speziellen Themen, wie Gewalt, Armut und Globalisierung.

Frage: Was war der Stein des Anstoßes für Ihre Arbeit mit Jugendlichen?

Bild: © Salamaleque e. V.

Rehse: Ich habe 15 Jahre in Rio de Janeiro gelebt. Dort habe ich auch meine Tanzausbildung absolviert. Ende der neunziger Jahre wurde ich von einer befreundeten Tänzerin, die selbst aus einem Armenviertel kam, eingeladen, in ihrer Favela Ballettunterricht zu geben. Aus dieser Idee entstand das Tanzprojekt „Salamaleque“. Unser erstes Tanztheater war „Der kleine Prinz“, das wir in einem großen Theater in Ipanema aufführten. Das Projekt wuchs immer weiter und wir begannen, auch in anderen Favelas zu arbeiten. Inzwischen gibt es viele solcher Tanzprojekte für Jugendliche aus den Armenvierteln Brasiliens.

Frage: Inwiefern verändert das Tanzen die Jugendlichen?

Rehse: Mit dem Tanzen verarbeiten die Jugendlichen ihre oftmals traumatischen Erfahrungen. Sie arbeiten mit ihren Gefühlen und erfahren, was in ihnen steckt. Darüber hinaus ist der Tanz eine Chance, mit Menschen aus anderen sozialen Schichten in Kontakt zu treten. Für Straßenkinder und Bewohner von Armenvierteln ist das oft die einzige Möglichkeit. Die Bühne gibt den Tänzern viel Selbstbewusstsein und ist oft der Ansporn, das eigene Leben wieder in die Hand zu nehmen.

Frage: Welche langfristigen Früchte trägt Ihr Tanztheater? Können Sie Beispiele von Jugendlichen nennen, deren Leben sich dadurch grundlegend zum Positiven gewendet hat?

Rehse: Da fallen mir viele ein, zum Beispiel Vinod, ein Jugendlicher aus Bangalore in Indien. Er ging nach der Tanzausbildung zurück in sein Dorf und begann, mit den Menschen dort politische Tanztheater zu organisieren. Andere haben Karriere gemacht und sind Profitänzer und -sänger geworden. Sehr schön zu sehen, sind auch die Veränderungen, die autistische Kinder durch das Tanzen durchleben. Viele können dadurch wieder besser mit ihrer Umwelt in Kontakt treten.

Frage: Welche Tanzprojekte planen Sie für die Zukunft?

Rehse: Unsere Hauptprojekte finden derzeit in Ruanda, Indien und vor allem in Sierra Leone statt. Durch die Ebola-Epidemie konzentrieren wir uns dort vor allem auf Tanz- und Traumatherapie. Zudem unterstützen wir ein Projekt für Ebola-Waisen und ein Ernährungsprogramm der Don Bosco Mission in Lungi. Dort bekommen 150 Kinder dreimal wöchentlich ein warme Mahlzeit und sauberes Wasser. Die Hungersnot in Sierra Leone ist groß und wird in den nächsten Monaten größer werden. Daher ist die Hilfe dort umso dringender.

Das Interview führte Lena Kretschmann.

Mehr Informationen zum Salamaleque Dance Project von Heidi Rehse finden Sie auf der Homepage und der Facebook-Seite des Projektes.

Don Bosco Mission

Heidi Rehse ist Projektpartnerin der Don Bosco Mission in Bonn. Weitere Informationen finden Sie unter