„Wir können mehr aufnehmen“
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„Wir können mehr aufnehmen“

Flüchtlinge ‐ Mitte September soll in Bamberg eine eigene Einrichtung für Balkan-Flüchtlinge eröffnet werden. Mit einem Bündnis wollen Politik und Kirchen in der Domstadt für einen menschenwürdigen Umgang mit allen Flüchtlingen werben.

Erstellt: 17.08.2015
Aktualisiert: 17.08.2015
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Zornesfalten bilden sich auf der Stirn von Erzbischof Ludwig Schick: „Es ist eine Schande, dass Deutsche Flüchtlingsheime anzünden, Ausländer raus gegen Flüchtlinge schreien.“ Deshalb ist er auch am Sonntagmorgen dabei, als in Bamberg die bayernweit bisher einmalige Initiative „Bamberg hilft“ von Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) ihren Auftakt hat. In einer katholischen Kirche, der Oberen Pfarre, in Bamberg kommen zum symbolischen Appell an die Bevölkerung nicht nur der Erzbischof und der evangelische Dekan zusammen, sondern auch die politischen Vertreter von Stadt, Landkreis und Bezirk.

Der Aufruf soll nicht nur Vorbild sein, wie Initiator Starke betont. Er sei auch eine Reaktion auf die jetzt vom Freistaat beschlossene „Ankunfts- und Rückführungseinrichtung für Asylbewerber vom Balkan“, die in Bamberg ab dem 15. September rund 1.500 Menschen aufnehmen soll. Es sei eine „gesamtgesellschaftliche Aufgabe, eine Pflicht für Bund und Land, für eine menschenwürdige Unterbringung dieser Leute zu sorgen“, erklärte der Oberbürgermeister. Und es sei wichtig, „allen Kräften entgegen zu treten, die auf Kosten von Asylbewerbern politische Stimmung machen wollen“.

Schick: Das Haus ist nicht voll

Für den Erzbischof fängt das schon bei der Wortwahl an. Schick warnte davor, von „Flüchtlingsströmen und Masseneinwanderung“ zu reden. Es kämen zwar tatsächlich außergewöhnlich viele Flüchtlinge nach Deutschland. „Doch wir müssen deutlich machen, dass diese Begriffe nicht verwendet werden dürfen, um damit Angst zu verbreiten nach dem Slogan: Unser Haus ist voll.“ Deutschland sei eines der reichsten Länder der Erde. Im Vergleich zu armen Ländern wie Libanon, Jordanien, Irak und auch Türkei seien „bei uns nur wenige Flüchtlinge“, so Schick.

Er nannte Zahlen: Weltweit seien über 60 Millionen Menschen auf der Flucht, nur knapp vier Prozent von ihnen würden in Länder der EU gelangen. „Wir können mehr aufnehmen und verkraften.“ Außerdem „ist Deutschland ein christliches Land, das allen Armen, Notleidenden und Hilfesuchenden beistehen muss“. Auch die Menschen vom Balkan sollten „von uns Deutschen freundliche Gesichter, gute Worte und helfende Hände erleben“, forderte der Erzbischof.

Auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, warnte am Wochenende vor dem Schüren von Fremdenfeindlichkeit. „Wer deutschen Boden betritt, soll menschenwürdig und gerecht behandelt werden“, so Marx.

Appell an Politik

Schick, der als Vorsitzender der Kommission Weltkirche auch so etwas wie der „Außenminister“ der Deutschen Bischofskonferenz ist, appellierte zudem an die politischen Verantwortungsträger, „alles zu tun, um die Ursachen für Flucht wie Krieg, Rassenkonflikte oder Armut zu beseitigen“. Dieser wichtigen Aufgabe müsse sich auch die Kirche stellen.

In dieser Hinsicht weiß sich Hans-Martin Lechner, der Bamberger evangelische Dekan, mit seinem katholischen  Kollegen einig. Natürlich sei dieses sogenannte „Balkanzentrum“ in Bamberg eine „große Herausforderung, die wir aus christlicher Verantwortung gemeinsam meistern müssen“, erklärte Lechner. Dabei gehe es um Menschen in Not, „gleich, wie lange sie bei uns bleiben können, was sie sind und was sie haben“. Niemand verlasse grundlos seine Heimat in eine ungewisse Zukunft. Vehement wandte sich der Dekan gegen „rechtsextreme, aggressive Stimmungen“ in der Gesellschaft: „Denen müssen wir mit aller Konsequenz begegnen.“

Das Bamberger „Balkanzentrum“ entsteht in einigen Gebäuden auf dem ehemaligen US-Armeegelände. Bisher sind etwa 600 Asylbewerber in der Stadt und 700 im Landkreis Bamberg untergebracht. Ein zweites bayerisches „Balkanzentrum“ soll schon am 1. September in Manching bei Ingolstadt seine Arbeit aufnehmen.

Von Marion Krüger-Hundrup (KNA)

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Kardinal Woelki reist nach Albanien und in den Kosovo

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki reiste am Samstag nach Albanien und in den Kosovo. Der Vorsitzende der Caritas-Kommission der Deutschen Bischofskonferenz werde sich bis kommenden Freitag über die Lebenssituation der Bevölkerung und das Engagement der katholischen Kirche informieren, teilte die Deutsche Bischofskonferenz am Freitag in Bonn mit. Insbesondere aufgrund der aktuellen Debatte um zunehmende Flüchtlingszahlen aus dem Balkan nach Deutschland erhalte diese Reise eine besondere Bedeutung. Woelki wird in Albanien unter anderem das staatliche Aufnahmezentrum für Flüchtlinge in der Hauptstadt Tirana sowie Caritasprojekte im Überschwemmungsgebiet in Südalbanien besuchen. Im Kosovo informiert sich der Kardinal ab Dienstag über Projekte für den Wiederaufbau und die Rehabilitation nach dem Krieg. Woelki wird auf der Reise unter anderem von Weihbischof Ansgar Puff (Erzbistum Köln) und dem Präsidenten des Deutschen Caritasverbandes, Peter Neher, begleitet. (KNA)